Serie: "Das letzte Wort":Das Ende ist jedenfalls mal ein Anfang

'Das letzte Wort'

Selten lustig: Anke Engelke als Trauerrednerin Karla Fazius.

(Foto: Frederic Batier/dpa)

Karla merkt nach dem Tod ihres Mannes, dass sie ihn eigentlich nicht gekannt hat. Was bleibt da zu sagen? Beeindruckend viel. Vor allem dank der großartigen Schauspielerin Anke Engelke.

Von Katharina Riehl

Ganz am Anfang dieser Serie singt Anke Engelke als Karla Fazius ein Lied, das lange im Ohr bleibt, weil es falscher nicht sein könnte. Nicht schief gesungen natürlich, aber trotzdem sehr falsch. Karla und Stefan feiern ihren 25. Hochzeitstag, hübsch zurechtgemachte Gäste sind in die Berliner Altbauwohnung gekommen, Luftschlangen hängen über dem Klavier, Ballons von der Decke. Und Karla singt über ein Leben, das ein paar Stunden später nicht nur vorbei sein wird. Sie singt vor allem auch über ein Leben, das es in Wahrheit so schon seit Jahren nicht mehr gegeben hatte. Das Lied beginnt so: "Ich kenn' dich besser, als du dich selbst, weiß was dich nervt und was dir gefällt." Ein paar Stunden später ist Stefan tot. Und gekannt hat Karla ihn eigentlich nicht mehr.

Das letzte Wort heißt die Serie mit Anke Engelke in der Hauptrolle, mit der Netflix eine weitere deutsche Eigenproduktion ins Programm nimmt. Eine Geschichte irgendwo zwischen Drama und Komödie, besetzt mit einem großartigen Ensemble, eine Serie, wie es sie auch im klassischen deutschen Fernsehen geben könnte (und leider nach wie vor zu selten gibt): nicht besonders pompös, nicht sehr aufwendig inszeniert, ganz ohne Zeitreise und Drogendealer. Das letzte Wort erzählt vom ganz normalen Leben, alles lebt von tollen Figuren und wunderbaren Dialogen.

In den frühen Morgenstunden nach dem Fest zur Silberhochzeit also findet Karla Fazius ihren Mann leblos mit dem Kopf auf dem Esstisch, zur Beerdigung kommt die erwachsene Tochter (Nina Gummich) zum ersten Mal seit langem zurück nach Hause, der pubertierende Sohn zieht aus Trauer in Papas Kleiderschrank ein und die Oma (Gudrun Ritter) wird aus dem Seniorenheim geworfen und wohnt plötzlich auf dem Sofa. Und während Karla mit dem Bestatter (Thorsten Merten) Planungen für die Beisetzung macht, ist plötzlich nochmal alles viel schrecklicher als gedacht. Denn Stefan Fazius hatte ein Doppelleben geführt (nein, nicht so, wie Sie jetzt denken), und Geld ist auch keins mehr da. Also fasst Karla einen Entschluss: Sie wird Trauerrednerin.

Sehr viel mehr muss man über diese hübsche kleine Serie auch eigentlich nicht wissen, in jeder Episode muss Karla Fazius einen anderen Trauerfall bearbeiten - und ihren eigenen weiter verarbeiten. Wie sie sich mit dem toten Stefan (Johannes Zeiler) auseinandersetzt, wie sie sich ihm neu annähert, um ihn am Ende los werden zu können, das hätte furchtbar kitschig werden können. Doch Anke Engelke schafft es ganz beeindruckend, hier die Balance zu halten zwischen Emotion und Pragmatismus, zwischen Verzweiflung und Überlebenswillen. Man mag das angesichts all des Ulks aus ihren frühen Fernsehjahren nicht auf dem Schirm haben, aber Anke Engelke ist eine wirklich gute Schauspielerin.

Am Ende der ersten Folge hält Karla Fazius ihre erste Trauerrede - es ist die auf ihren eigenen Mann. Und dann singt sie noch einmal das Lied, das davon handelt, wie gut sie ihn kennt. Wer da nicht weinen muss, der hat möglicherweise ein Herz aus Stein.

Das letzte Wort, sechs Folgen, bei Netflix.

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