Fernsehen und Streaming:Das sind die Serien des Monats

"Meine geniale Freundin" macht Elena Ferrante alle Ehre, Steve Buscemi gibt in "Miracle Workers" einen göttlichen Big-Lebowski-Wiedergänger und "Fleabag" übt sich in genialer Bösartigkeit.

Aus der SZ-Redaktion

1 / 9

Meine geniale Freundin (Magenta TV)

Meine geniale Freundin, SERIE

Quelle: Eduardo Castald©Wildeside/Umedia

Elena Ferrantes Tetralogie, die die Freundinnen Lila und Elena von Kindheit bis ins Alter begleitet, ist ein literarischer Megaerfolg, die Bücher wurden in 40 Ländern mehr als 10 Millionen mal verkauft. Wie oft, wenn ein Roman extrem erfolgreich ist, legte man sich bei der Verfilmung mächtig ins Zeug. Welch unglaubliche Anstrengung es die Frauenfiguren gekostet hat, sich aus den Zwängen jenes Neapolitanischen Armutsviertels zu befreien, in dem sie aufgewachsen sind, ja überhaupt auf die Idee zu kommen, das zu können, fängt die Serie glaubhaft ein. Elena und Lila konkurrieren um die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben und müssen ihre Kräfte doch bündeln, um das zu erreichen. Ihnen dabei zuzuschauen ist genauso spannend wie darüber zu lesen.

Lesen Sie hier die vollständige Rezension von Christiane Lutz.

2 / 9

Fleabag (Amazon)

Fleabag

Quelle: Amazon

Auf den ersten Blick scheint sich Fleabag einfach einzureihen in die Parade weiblicher Serien-Anti-Heldinnen, die in den vergangenen Jahren ihr Recht auf Selbstbestimmung und -zerstörung bekräftigten: Fleabag, Anfang dreißig, ist eine erfolglose Café-Betreiberin aus London, die unter ihrer dysfunktionalen Familie und dem Tod ihrer besten Freundin leidet. Sex ist die Droge ihrer Wahl, um die Leere in ihrem Innern zu füllen. Doch obwohl sich die Themen überschneiden, ist der Erzählansatz ein komplett anderer als etwa der authentizitätsfixierte Mumblecore aus Lena Dunhams Girls. Fleabag ist pointierter, bösartiger und vor allem versteckt die Serie nicht, wie kunstvoll konstruiert sie ist. Was die 33-jährige Phoebe Waller-Bridge hier mit der zweiten und finalen Staffel als Autorin, Produzentin und Hauptdarstellerin erschaffen hat, gehört zu dem Besten, was der Serienmarkt derzeit zu bieten hat.

Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Luise Checchin.

3 / 9

Eden (Arte/ARD)

Eden

Quelle: Pierre Meursaut/dpa

Eden erzählt von einem großen europäischen Gegenwartsthema: von der Flucht verzweifelter Menschen aus den Krisenländern der Welt in die Wohlstandsgesellschaft des alten, reichen Kontinents. Die deutsch-französische Serie balanciert geschickt zwischen Sachlichkeit und Drama. Weder verklärt Eden Fluchtgeschichten als romantische Abenteuer, noch protzt sie mit Brutalität und Not. Die Serie zeigt den Alltag in Europa mit Menschen, die ihre Heimat verloren haben, mit langsamen Asylbehörden, Missverständnissen, Tod, korrupten Schleppern, kalten Deals, Streit der Kulturen und so weiter. Eden eifert nicht irgendwelchen politischen Botschaften nach und ist genau deshalb hochpolitisch: Wer sich auf diese Serie einlässt, versteht, dass Flucht keine Bedrohung für deutsche Wutbürger ist, sondern eine zeitgeschichtliche Tatsache, für die ein reicher Kontinent wie Europa menschenfreundliche Lösungen braucht.

Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Thomas Hahn.

4 / 9

Keeping Faith (Sky)

-

Quelle: Alistair Heap

Der Anwalt Evan Howells ist verschwunden und mit jedem Tag, den er verschwunden bleibt, wächst die Unruhe seiner Frau Faith. Steckt er in einer Midlife-Crisis? Hat er eine Affäre? Was wie ein betuliches Familiendrama beginnt, wird zum Thriller, auf der Suche nach der Wahrheit tun sich von Episode zu Episode neue Abgründe auf. Niemand in der windigen Küstenkleinstadt bleibt der, für den Faith Evans ihn gehalten hat, selbst der Pfarrer will sich von schroffen walisischen Klippen stürzen. Beim britischen Publikum hat die walisische Serie Keeping Faith Rekorde gebrochen, wurde zur erfolgreichsten Produktion auf BBC Wales seit einem Vierteljahrhundert. Die Faszination liegt nicht nur darin, dass Autor Matthew Hall den Fall einer verschwundenen Person besonders klug und spannend erzählt. Sie beruht vor allem auf der ungewöhnlichen Heldin, von Eve Myles so großartig gespielt, dass man ihr applaudieren möchte.

Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Laura Hertreiter.

5 / 9

Miracle Workers (TNT)

TNT-Serie Stills Miracle Workers.

Quelle: TM & © Turner Entertainment Networks, Inc. A WarnerMedia Company. All Rights Reserved.

Gott ist deprimiert: Die Eiskappen schmelzen, die Menschheit zerfleischt sich und auf die Idee, ihm ein Lamm zu opfern, kommen auch immer weniger Leute. Angesichts dieses Elends trifft Gott eine drastische Entscheidung. Er will die Erde zerstören - noch zwei Wochen, dann ist Schluss. Interessanterweise ist Miracle Workers nicht in erster Linie Religionskritik, sondern eher eine Satire auf die moderne Arbeitswelt. Denn der Himmel, die "Heaven Inc.!", kommt in Miracle Workers als ein so abgehalftertes Unternehmen daher, dass jede städtische Baubehörde dagegen wie ein hippes Start-Up wirken muss. Die Serie ist hervorragend besetzt - neben Steve Buscemi als göttlicher Big-Lebowski-Wiedergänger brillieren vor allem Geraldine Viswanathan und Daniel Radcliffe als Engel-Berufsanfänger. Aber es ist es vor allem die Treffsicherheit, mit der Miracle Workers die Widrigkeiten reformbedürftiger Unternehmenskulturen (und sind das nicht die allermeisten?) aufspießt, die hier überzeugt.

Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Luise Checchin.

6 / 9

Dead to me (Netflix)

1

Quelle: Saeed Adyani/Netflix

Bis in die 2000er blieb Christina Applegate mit der Rolle der Kelly Bundy aus Eine schrecklich nette Familie verbunden - sexy, aber nicht gerade intelligent. In Dead to Me spielt sie nun die verwitwete Immobilienmaklerin Jen Harding, die eine Fremde (Linda Cardellini) bei sich einziehen lässt. Die Serie ist für Applegate ein Befreiungsschlag. Die Übergänge von der zynischen, perfekt gestylten Kalifornierin zur trauernden Witwe sind glatt und lückenlos gespielt. Applegate entwickelt in der Serie, die sich zwischen Thriller, schwarzer Komödie und Drama nicht recht entscheiden kann, eine enorme Wucht. Nicht ganz genug, um die nervigen Plattitüden im Skript, die schwächeren Witze und den erwartbaren Plot komplett zu übersehen. Aber doch so viel, dass der komische Aspekt eindeutig überwiegt.

Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Theresa Hein.

7 / 9

Der Name der Rose (Sky)

'Der Name der Rose' geht in Serie

Quelle: dpa

Ein abgeschiedenes Kloster in den Bergen, Benediktinermönche beten und arbeiten hier nach ihren Ordensregeln und führen ein einfaches Leben. Doch das ist nur der Anschein: Mysteriöse Mordfälle passieren hier, christlich ist höchstens der gregorianische Gesang. Nach Jean-Jacques Annauds spektakulärer Verfilmung von Umberto Ecos Historiendrama Der Name der Rose aus dem Jahr 1986, hat sich nun Sky an eine Serienadaptation gewagt. Die Drehbuchautoren Andrea Porporati und Nigel Williams orientieren sich eng am Roman, dadurch gibt die Serie dem historischen Kontext der Mordfälle breiteren Raum als der Film. Abgesehen davon glänzt die Serie auch dank Produktionskosten in Höhe von 26 Millionen Euro durch grandiose Aufnahmen und eine geheimnisvolle mittelalterliche Atmosphäre.

Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Susan Jörges.

8 / 9

Chernobyl (Sky)

Chernobyl

Quelle: Sky UK Ltd/HBO/ Liam Daniel

Die Miniserie Chernobyl formuliert ihren eigenen Anspruch gleich zu Beginn recht klar: den Lügen der Apparatschiks von damals die Wahrheit über die Nuklearkatastrophe vom 26. April 1986 entgegenzusetzen - so wahrhaftig, wie das in einem Dokudrama eben geht. Und eigentlich ist die Serie gar nicht schlecht gemacht. Die Bilder zeigen eine recht überzeugende Version der Ukraine in den 80ern. Ärgerlicherweise muss das Ganze aber als maximal dramatisches Actiondrama inszeniert werden. Den Machern gelingt so die erstaunliche schöpferische Leistung, in einer Serie über den schwersten nuklearen Unfall in der Geschichte der Menschheit noch zu dick aufzutragen.

Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Marlene Weiß.

9 / 9

Watzmann ermittelt (ARD)

Watzmann ermittelt Folge 1

Quelle: ARD/Susanne Bernhard

Hauptkommissar Benedikt Beissl ist ein dickköpfiger, stieseliger Einzelgänger. Veränderung mag er nicht, und das merkt auch sein neuer Kollege, der zu allem Überfluss auch noch sein Schwiegersohn in spe ist. Und er ist schwarz! Eine ganze Menge grenzrassistische Sparwitze haben ihren Weg ins Drehbuch von Watzmann ermittelt gefunden - es bleibt unklar, ob sie dem Humorverständnis der Autoren entsprechen oder diese annahmen, das könnte ihrem Publikum gefallen. Wie auch immer - beides schlimm. Davon abgesehen ist Watzmann ermittelt ein Hybrid aus Schmunzelkrimi, Familienserie und Imagefilm fürs Berchtesgadener Land.

Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von David Denk.

© SZ.de/luch
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