Serien:Im US-Fernsehen sterben zu viele Frauen

Annet Mahendru als Nina in "The Americans"

Es nimmt kein gutes Ende mit Agentin Nina (Annet Mahendru) in The Americans.

(Foto: FX)
  • Hinweis: Dieser Text enthält Spoiler zu den Serien The Americans, The Walking Dead, Empire, Jane the Virgin, The 100 und Game of Thrones.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Im Frühling ist Jagdsaison im Fernsehen, Serienfiguren werden gemeuchelt. Freilich gehört es zu den eher uninspirierten Strategien eines Showrunners, eine Hauptfigur am Ende einer Staffel grausam niederzumetzeln oder dramatisch dahinscheiden zu lassen, damit die Zuschauer bis zum Beginn der neuen Spielzeit im Herbst darüber debattieren können. Bisweilen liegt es auch daran, dass eine Schauspielerin aufhören will oder aufgrund einer Schwangerschaft im wirklichen Leben verhindert ist. Der Tod gehört zu Serien wie der Cliffhanger am Ende einer Spielzeit.

Das Sterben war bislang auf die Geschlechter gleichmäßig verteilt. Überhaupt hatten sich die Fernsehproduzenten nach all den Debatten in der Filmindustrie um Rassismus (#oscarssowhite) und Sexismus (Gehälter von Schauspielerinnen wie Jennifer Lawrence) auf einem moralischen Podest bequem gemacht. Guckt mal her, bei uns gibt es schwarze Protagonisten wie etwa in Empire, wir stärken die Transgender-Gemeinde durch das Drama Transparent, wir liefern euch starke Frauenfiguren in Game of Thrones und feiern das Älterwerden in der Komödie Gracie & Frankie. Was sind wir doch vielfältig!

Lesbische Figuren haben eine äußerst kurze Lebenserwartung

Die vergangenen Wochen allerdings waren gefährlich für weibliche Protagonisten (Vorsicht, Spoiler!): Nina Krilova aus dem Spionagethriller The Americans: tot. Denise aus The Walking Dead: tot. Mimi Whiteman aus der Hip-Hop-Tragödie Empire: tot. Sin Rostro aus der Seifenoper Jane the Virgin: tot. Lexa aus dem postapokalyptischen Drama The 100: tot.

Eine besonders kurze Lebenserwartung hatten zuletzt homosexuelle Figuren, weshalb den Autoren unterstellt wird, sie seien mit dem Dead Lesbian Syndrome infiziert (den Begriff gibt es wirklich). Warum müssen Lesben immer dann sterben, wenn sie endlich glücklich sind? Diese Frage stellten die Fans der Serie The 100 dem Erfinder Jason Rothenberg in wütenden E-Mails - samt Todesdrohungen. Dabei hatte Lexas Darstellerin Alycia Debnam-Carey lange zuvor verkündet, dass der Tod ihrer Figur auch damit zu tun hatte, dass sie aufgrund anderer Verpflichtungen kaum Zeit gehabt hätte. Den Fans war das egal.

Rothenberg schrieb einen Brief an die Zuschauer. "Die Show ist eine postapokalyptische Tragödie, die in der Zukunft spielt", heißt es darin: "Aber ich wurde daran erinnert, dass die Zuschauer diese Serie in der echten Welt verfolgen - in der homosexuelle Teenager häufiger Selbstmord begehen als ihre heterosexuellen Freunde. Und in der Frauen noch immer nicht die gleichen Chancen haben wie Männer."

Das bedeutet nicht, dass Frauen nun sicher sind

Der Furor nach dem Ableben der weiblichen Figuren sendet eine deutliche Botschaft. "Die Protagonisten in Fernsehserien spiegeln nicht die Vielfalt der Zuschauer wider", so Rothenburg: "Noch nicht einmal annähernd."

Daran haben die Zuschauer die Produzenten mit ihrem Protest erinnert. Das bedeutet jedoch nicht, dass Frauen nun sicher sind. Erst am Sonntag musste bei Game of Thrones (Achtung, nochmal Spoiler!) die Wildlingsfrau Osha sterben, durch serientypisch malerisches Ausbluten des Halses. Aber dieser Tod wurde schon geschrieben, bevor die Proteste begannen.

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