Süddeutsche Zeitung

Serien des Monats:Strippenzieher und Co.

Lesezeit: 4 min

Eine Serie über Banken, bei der man höllisch aufpassen muss, das man nicht die Übersicht verliert. Eine Serie über einen Mörder, der nicht verurteilt wird, obwohl er geständig war. Eine Serie über einen Komiker, der zu sich selbst findet, weil er wieder selbsüchtig wird. Viel los!

Von SZ-Autoren

Bad Banks

Was passiert: Jana Liekam (Paula Beer) arbeitet noch immer bei der Deutschen Global Invest, hat aber ein neues Ziel: Sie will nach Berlin, wo die Bank in neue, moderne Finanzprodukte investiert. Gemeinsam mit Thao (Mai Duong Kieu) und Adam (Albrecht Schuch) übernimmt sie das Start-up Green Wallet. Drum herum werden die Intrigen und Machtspiele zwischen den Mächtigen der Global Invest in Staffel zwei noch verwirrender fortgesetzt, als sie in Staffel zwei endeten.

Heimlicher Star: Désirée Nosbusch als Strippenzieherin Christelle Leblanc. Es gelingt ihr, dieser eigentlich durch und durch ablehnungswürdigen Figur den nötigen Hauch von Menschlichkeit zu verleihen.

Nicht geeignet für: Alle mit Konzentrationsschwierigkeiten. Wer schon in Staffel eins Mühe hatte zu folgen, ist hier endgültig verloren. Katharina Riehl

Zu sehen in den Mediatheken von Arte und ZDF, sechs Folgen.

A Confession

Was passiert: Eine junge Frau verschwindet, ein Ermittler (Martin Freeman) findet ihren Mörder. Der führt ihn zu einer zweiten Leiche, legt ein Geständnis für beide Morde ab - das aber nicht verwendet werden kann. Denn der Kommissar hat den Täter nicht ausreichend über seine Rechte aufgeklärt. Die Serie beruht auf einem wahren Kriminalfall und fragt, wann etwas juristisch falsch sein kann, obwohl es moralisch richtig ist. Eindringlich erzählt wird nicht nur die Geschichte des Ermittlers, sondern auch die der Angehörigen der Toten.

Heimlicher Star: Karen Edwards, die Mutter der seit Jahren verschwundenen Becky. In der Serie wird sie großartig gespielt von Imelda Staunton. Und im wahren Leben kämpfte sie für eine Gesetzesänderung.

Nicht geeignet für: Heile-Welt-Suchende. Elisa Britzelmeier

Zu sehen bei Magenta TV, sechs Folgen.

Arctic Circle

Was passiert: In einem kleinen Ort in Finnisch-Lappland werden zwei tote und eine halb erfrorene russische Prostituierte gefunden, die mit einem gefährlichen Virus infiziert sind. Das "Jemen-Virus" führt bei Schwangeren zu Fehlgeburten oder Missbildungen und zum Tod von Mutter und Kind. Die ortsansässige Polizistin Nina Kautsalo (Iina Kuustonen) und der deutsche Virologe Dr. Thomas Lorenz (Maximilian Brückner) ermitteln gemeinsam.

Heimliche Helden: Gar nicht Greta, aber weil es nach verdammt großem Spaß aussieht: die Motorschlitten, mit denen sich die Bewohner durch die Weite Lapplands fortbewegen.

Nicht geeignet für: Zart besaitete Zuschauer. Die Bilder von infizierten Müttern und Kindern und die - wenn auch nur angedeuteten - Folterszenen mit Teelöffel sind nicht ohne. Kathrin Hollmer

Fünf Doppelfolgen, sonntags im ZDF und in der Mediathek

Pastewka

Was passiert: Bastian Pastewkas Alter Ego kommt moralisch geläutert aus Afrika zurück, doch die Verirrungen der eigenen Verwandtschaft und der Kölner Medienzirkus lassen ihn recht schnell zu seinem alten selbstsüchtigen Ich zurückfinden.

Heimlicher Star: Oliver Nägele als bäriger Regisseur der fiktiven Krankenhausserie "Ein Engel für alle Fälle", für den kein Dialog kitschig genug sein kann, der seinen Job dann aber doch nicht so ernst nimmt, als dass er nicht einen Schwächeanfall vortäuschen würde, um Fußball zu gucken.

Nicht geeignet für: Menschen mit Vorliebe für subtile Fernsehunterhaltung. Es kalauert schon ordentlich in dieser finalen Staffel von Pastewka. Luise Checchin

Zu sehen bei Amazon, zehn Folgen.

Work in Progress

Was passiert: Für Abby, gespielt von der queeren Comedienne Abby McEnany, hat alles keinen Sinn mehr. Als sie auch noch aus Versehen während einer ihrer Jammer-Sessions ihre Therapeutin umbringt, beschließt sie, sich eine Frist zu setzten: 180 Tage, und wenn es ihr dann nicht besser geht, will sie sich das Leben nehmen. Ein Glück, dass gerade da Transmann Chris auftaucht, der die morbide Frist zumindest etwas spannender machen könnte. Die Fehltritte einer unsensiblen Mehrheit gegenüber der Queer Community im 20. Jahrhundert bis heute arbeitet McEnany nebenbei noch an realen Beispielen ab.

Heimlicher Held: Alfred Matthew "Weird Al" Yankovic, in der Serie mit Schauspielerin Julia Sweeney verheiratet. Einfach lustig zu sehen, dass es den Typ noch gibt - unangenehm wird's, als McEnany ihm für seine fatshamenden Songs die Ohren langzieht.

Nicht geeignet für: Leute, die sich nicht gerne unangenehm berührt fühlen oder belehren lassen. Sowohl Zuschauer als auch Abby müssen nämlich im Laufe der Serie alle paar Sekunden erkennen: Der Mensch ist halt ein verdammter Egoist. Theresa Hein

Zu sehen bei Sky Atlantic/HD, acht Folgen.

Obwohl ich dich liebe

Was passiert: Ärztin Rebecca (Clotilde Hesme) und ihr Mann Romain (Jérémie Renier) wünschen sich ein Kind, doch ihre Versuche fruchten nicht. Die Nachbarin dagegen wird im Nu schwanger - und verschwindet einen Tag nach der Verkündigung. Niemand weiß, wohin. Angeblich. Dass das Verschwinden mit Rebeccas Vergangenheit zu tun hat, ahnt zu diesem Zeitpunkt keiner. Trotz aller Liebe vollzieht sich hier ein perfider Racheplan. Und es sind die Männer, die nicht so recht wissen, wie ihnen geschieht.

Heimlicher Star: Die Kinderversion von Rebecca in Folge zwei, die ihrem Schwarm in der Schule eine dieser bunten, essbaren Jahrmarktsketten schenkt. Der Beginn einer süßen Liebe mit bitterem Nachgeschmack.

Nicht geeignet für: Romantische Serienabende zu zweit. Vielleicht ist ja die Liebste, die da neben einem auf der Couch sitzt, nicht die Frau, die sie vorgibt zu sein. Carolin Werthmann

Zu sehen bei Arte, drei Folgen.

Die Läusemutter

Was passiert: Die Kinderpsychologin Hannah Weihrauch (Pina Kühr) beginnt an der neuen Grundschule ihrer Tochter eine Karriere in der Elternschaft ganz unten: Sie muss Läuse kämmen. Sie trifft auf Eltern- und Lehrerkarikaturen, Bürokratie und den Rektor Anton P. Immelmann (Alexander Schubert). Helikoptereltern, Budgetknappheit, hohe Ambitionen bei niedrigen Kompetenzen und die Geburtstagseinladungsverordnung verwandeln die Glücksbaumschule in ein Irrenhaus.

Heimlicher Star: Tobias van Dieken ist als Hausmeister Volker neben der Titelfigur Hannah der einzig Vernünftige. Zwar verbirgt er vielleicht ein dunkles Geheimnis, aber das Chaos seines Arbeitsplatzes juckt ihn wenig. Er hält den Laden zusammen und dient obendrein als Love interest.

Nicht geeignet für: Kinder. Wenn die erst einmal merken, dass sich ihre Eltern und Lehrer in Wahrheit viel kindischer als sie selbst verhalten, sind Debatten um den Sinn von Hausaufgaben nicht mehr zu gewinnen. Benedikt Frank

Zu sehen bei Sat 1 und Joyn, zehn Folgen.

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Quelle:
SZ vom 24.02.2020
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