Fernsehen und Streaming:Das sind die Serien des Monats

Lesezeit: 5 Min.

Serien des Monats (v.l.o.n.r.u): Deutschland 89, Servus Baby, Oktoberfest 1900, Mrs. America (Foto: UFA FICTION GmbH/AMAZON PRIME, Simon Preissinger/BR, Dusan Martincek/BR, Sabrina Lantos/FX Networks)

"Deutschland 89" ist bester Geschichts-Pop, "Oktoberfest 1900" macht München zu einer Art bayerischem Chicago, und "Mrs. America" ist gerade mit einem Emmy ausgezeichnet worden. Unsere Empfehlungen vom September.

Von SZ-Autoren

Mrs. America

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Was passiert: Revolution und Gegenrevolution. In den USA der Siebzigerjahre kämpfen Feministinnen dafür, dass die Gleichberechtigung der Frau in der amerikanischen Verfassung festgeschrieben wird (Spoiler: bis heute ohne Erfolg). Die konservative Publizistin und Aktivistin Phyllis Schlafly (Cate Blanchett) kämpft dagegen an. Sie setzt sich für die Rolle der Frau als Hausfrau und Mutter ein, ist aber selbst alles andere als das.

Heimlicher Star: Uzo Aduba in der Rolle von Shirley Chisholm, der ersten schwarzen Präsidentschaftsanwärterin. Wobei von heimlich keine Rede mehr sein kann: Aduba wurde für die Rolle soeben mit einem Emmy ausgezeichnet.

Nicht geeignet für: Menschen, die eine Abneigung gegen Second-Screen-Recherchen auf Wikipedia haben oder sich Gesichter und Namen nur schwer merken können. Für ihre Knappheit weist die Miniserie eine geradezu überbordende Zahl historischer Figuren auf. Und hat sich auch sonst ganz schön viel vorgenommen. Elisa Britzelmeier

Neun Folgen, auf Sky, Fox und Magenta TV

Das letzte Wort

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Was passiert: Am Abend ihres 25. Hochzeitstags stirbt, ganz plötzlich, der Ehemann von Karla Fazius (Anke Engelke). Und während sie sich noch um die Beerdigung, sich selbst und ihre trauernden Kinder kümmert, erfährt sie: Stefan hat ein Doppelleben geführt, und Geld ist auch keins mehr da. Karla braucht also einen Job und findet auch schnell einen: Sie wird Trauerrednerin.

Heimlicher Star: Thorsten Merten als Bestattungsunternehmer kurz vor der Pleite - ein wirklich ganz wunderbar heruntergekommener Typ.

Nicht geeignet für: Die Serie ist für jeden geeignet. Man muss nur damit leben können, dass Anke Engelke sehr viel Ocker trägt und nur sehr selten mal lustig sein darf. Katharina Riehl

Sechs Folgen, bei Netflix

Oktoberfest 1900

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Was passiert: Der aus Nürnberg nach München kommende Brauer und Großgastronom Curt Prank (Mišel Matičević) geht über Leichen, um auf dem Oktoberfest einen Bierpalast für 6000 Gäste zu etablieren. Doch seine Tochter (Mercedes Müller) bandelt ausgerechnet mit dem Sohn seines Widersachers vom Deibelbräu an. Aus dem München der beschaulichen Prinzregentenzeit wird so eine Art bayerisches Chicago vor 100 Jahren, die Sparversion einer zünftigen Mafia-Saga sozusagen, oder Peaky Blinders goes Giesing.

Heimlicher Star: Brigitte Hobmeier spielt das Biermadl Colina, als wäre diese Figur wirklich ein glaubwürdiger Charakter. Beeindruckend.

Nicht geeignet für: Zuschauer, die holzschnittartiges Personal nicht mögen, von Dramen historische Stimmigkeit erwarten und glauben, dass Spannung mit Logik am besten funktioniert. Franz Kotteder

Sechs Folgen, in der ARD-Mediathek. Und demnächst bei Netflix unter dem Titel Oktoberfest - Beer & Blood.

Young Wallander

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Was passiert: Wie wird Kurt Wallander zu Kurt Wallander? Netflix lässt die eigenbrötlerische, zerstörerische Ermittlerseele, die der schwedische Bestsellerautor Henning Mankell erfunden hat und die sich zum Schluss allerdings wegen Alzheimer zur Ruhe setzen muss, wiederaufleben. Adam Pålsson spielt den jungen Wallander mit wenig Mimik als stillen, aber ehrgeizigen Polizisten, der einen vermeintlich rechtsradikalen Anschlag aufklären will. Intrigen, Rassismus, Armut sind brisanter Krimi-Stoff, der in die Zeit passt - und Young Wallander als solide Thriller-Serie rettet.

Heimlicher Star: Ellise Chappell spielt Aktivistin Mona- die künftige Frau Wallander - vielschichtig und klug. Und wenigstens bei ihr lächelt Wallander auch mal.

Nicht geeignet für: Echte Wallander-Fans. Denn ein Prequel geht anders. Young Wallander spielt nicht etwa Ende der Sechziger-, Anfang der Siebzigerjahre, als der Kommissar tatsächlich Anfang 20 war, sondern in der Neuzeit. Die Macher haben quasi ins Heute zurückgespult. Carolin Gasteiger

Sechs Folgen, auf Netflix

Für Umme

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Was passiert: Mo Mikkelsen (Michael Fritz Schumacher) erwacht in einer leider nicht ganz leeren Badewanne, noch dazu ist er mit Handschellen an dieses Drecksloch gekettet. Bis zum Hals steht ihm das, was vielleicht Wasser ist, noch nicht, aber fast. Mo ist 33 und Schauspieler, aber keiner, den man von Filmplakaten kennt. Vielmehr ist er ziemlich pleite, seine Mutter nennt ihn noch immer "Möhrchen", und sein Vater stellt bald alle Zahlungen an seinen Sohn ein. Mo ist mit der Miete im Rückstand und reif in seiner Ratlosigkeit, als er an einem Plakat vorbeikommt, das um Probanden für eine medizinische Studie wirbt.

Heimlicher Star: Die Imperfektion. Für Umme zeigt keine Lebenslauflüge, wie man sie bei Linkedin einstellen würde, Für Umme zeigt Straucheln, Stolpern, Nicht-liegen-Bleiben.

Nicht geeignet für: Entspannungsfernseher. Für Umme ist in Bild und Inhalt schnell geschnitten, manchmal laut, noch häufiger schmutzig. Cornelius Pollmer

Elf Folgen, auf Amazon

The Third Day

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Was passiert: Im ersten Teil "Sommer" rettet Sam (Jude Law) ein junges Mädchen, das sich in einem verlassenen Wald an einem Strick zu erhängen versucht. Er bringt es zu seinem Vater nach Osea Island. Zu der abgelegenen Insel vor der englischen Ostküste führt eine einzige, nur bei Ebbe geöffnete Straße. Sam jedenfalls wird die Insel so schnell nicht mehr verlassen - genauso wenig wie Helen (Naomie Harris) und ihre beiden Töchter im zweiten Teil "Winter", der sechs Monate später spielt.

Heimlicher Star: Osea. Die Insellandschaft ist von surrealer Schönheit, mal seltsam verzerrt, mal einladend pittoresk - immer aber grandios eingefangen von Kameramann Benjamin Kračun.

Nicht geeignet für: Zart besaitete Gemüter. Die Miniserie ist gespickt mit Symboliken und Motiven des Folk-Horrors: ekstatischen Prediger, psychedelischen Droge, heidnische Opferrituale. Insulaner, die Tiermasken tragen und wie in Trance um ein Lagerfeuer tanzen. Benjamin Ansari

Sieben Folgen, bei Sky Ticket. Dazu eine zwölfstündige Live-Performance, am 3. Oktober bei Sky Arts.

Servus Baby

Was passiert: Auch in der zweiten Staffel der preisgekrönten BR-Serie geht es um vier Frauen Anfang 30, die in München das große Glück suchen. Dieses Mal beschäftigen sich drei von ihnen allerdings ziemlich viel mit Babys. Lou (Josephine Ehlert) wird schwanger und muss sich zwischen zwei Männern entscheiden. Eve (Teresa Rizos) plant ihre Hochzeit, aber noch mehr ihren Nachwuchs. Und Tati (Xenia Tiling) ist als erste der vier Freundinnen schon Mutter geworden, hadert aber mit ihrer neuen Patchworkfamilie. Nur bei der Gynäkologin Mel (Genija Rykova) spielen Babys bisher nur beruflich eine Rolle: Sie muss die wichtigste Person ihres Lebens beerdigen und entdeckt fast zu spät, wem ihr Herz gehört.

Heimlicher Star: München! Auch in der zweiten Staffel geizt die Regisseurin Natalie Spinell nicht mit Aufnahmen der schönsten Ecken der Stadt.

Nicht geeignet für: Menschen, die genervt sind von Babys. Jana Stegemann

Vier Folgen, in der BR-Mediathek

Ratched

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Was passiert: Die eiskalte Krankenschwester aus "Einer flog übers Kuckucksnest" wurde durch die oscarprämierte Darstellung von Louise Fletcher in Miloš Formans Verfilmung bekannt als einer der fiesesten Bösewichte der Filmgeschichte. Aber wie wurde aus einer gewöhnlichen Frau das empathielose Monster "Ratched"? Dieser Frage versucht die Horror-Historienserie nachzugehen. Sarah Paulson spielt die Titelfigur, die sich eine Stelle in der Santa-Lucia-State-Hospital-Nervenheilanstalt erschleicht (zufällig ist ihr Stiefbruder, ein mehrfacher Mörder, einer der Insassen). Man findet zwar nicht heraus, wie Ratched zur emotionslosen Hülle wird, aber bis es mehr Anhaltspunkte für die Wandlung gibt, wechselt Ratched zwischen fragwürdigen Behandlungsmethoden (wie kochenden Heißwasserbädern und Lobotomien) die hübschen Kostüme.

Heimlicher Star: Cynthia Nixon spielt alle, einschließlich Sarah Paulsons Titelrolle, an die Wand.

Nicht geeignet für: Menschen, die in Horrorfilmen und Serien nach "Plotholes" suchen und glauben, Sexszenen sollten die Handlung voranbringen. Theresa Hein

Acht Folgen, bei Netflix

Deutschland 89

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Was passiert: Martin Rauch, der von Jonas Nay gespielte DDR-Spion, den man schon aus Deutschland 83 und Deutschland 86 kennt, lebt in Ostberlin praktisch im Agenten-Ruhestand. Doch als Egon Krenz ein Reisegesetz ausarbeiten lässt, wird er von den Leuten der "Hauptverwaltung Aufklärung" reaktiviert. Lieber würde er Zeit mit Nicole Zangen, der Lehrerin seines Sohnes Max, verbringen. Als die Mauer fällt, werben verschiedene Geheimdienste mehr oder weniger sanft um seine Mitarbeit. Schließlich lässt er sich auf einen Job für die CIA ein. Der wird zum Ausgangspunkt für eine Irrfahrt kreuz und quer durch Europa, bei der ihm jede Menge Geheimdienstleute in die Quere kommen. Und seine Tante, die kommunistische Agentin Lenora (Maria Schrader), will mit einem Terroranschlag die deutsche Wiedervereinigung verhindern.

Heimlicher Star: Der Sound der späten Achtziger, in echt (Peter Schilling, Simply Red, B-52's) und in retro ( Isolation Berlin).

Nicht geeignet für: Leute, die Agentenfilme für eine bierernste Sache halten. Claudia Tieschky

Zehn Folgen, bei Amazon

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Fernsehen und Streaming
:Das sind die Serien des Monats

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