Süddeutsche Zeitung

Serien des Monats September:Noch mal ganz von vorn

Im Münchner Olympiastadion tickt eine Bombe, die Rebellenallianz aus "Star Wars" formiert sich, und "Die Ringe der Macht" erzählt, was vor Frodo war: die Serien des Monats.

Von SZ-Autorinnen und -Autoren

Die Ringe der Macht

Was passiert: Nur, was in "Der Herr der Ringe" und in "Der Hobbit" nicht vorkommt, denn für Tolkiens Hauptwerk hat Amazon die Rechte nicht bekommen. Stattdessen erzählt diese herrlich opulente Fantasyserie, wie Oberbösewicht Sauron erstarkt und die Elben-Kriegerin Galadriel versucht, eine Streitmacht gegen ihn zu versammeln. Außerdem werden, so ahnt man wegen des Titels, wohl irgendwann die titelgebenden Ringe geschmiedet.

Heimlicher Star: Disa (Sophia Nomvete), die Frau von Zwergenprinz Durin, bringt mit ihrem Gesang Gestein dazu, seine Schätze preiszugeben und ist als einzige Figur in Tolkiens einigermaßen bierernster Welt auch wirklich lustig.

Nicht geeignet für: Fantasielose Fantasyfans, die zwar die Existenz von Orks und Elfen in ihren Lieblingsbüchern akzeptieren, aber angesichts von dunkelhäutigen Elben und Zwergen "unrealistisch!" geifern. Kathleen Hildebrand

Acht Folgen, auf Amazon Prime.

Liberame

Was passiert: Segelyacht trifft auf Flüchtlingsboot - und eine Rettungsaktion auf dem Mittelmeer geht schief. Jahre später sehen sich Akteure in Hamburg wieder. Auch diesmal gibt es kein Happy End.

Heimlicher Star: Kenda Hmeidan lernte Schauspiel an der renommierten Hochschule für Darstellende Künste in Damaskus, wegen des Krieges ließ sie Familie und Heimat hinter sich. Seit fünf Jahren spielt sie am Gorki-Theater im "Exil Ensemble" - und nun in Liberame eine Ärztin, die noch mal ganz von vorne anfangen muss.

Nicht geeignet für: Mittelmeer-Touristen, die eigentlich verdrängen wollen. Wenn die Filmfigur Daniel den Segeltörn als "Urlaub auf dem Massengrab" bezeichnet, beschreibt er die Realitäten auf dem Meer, in dem die einen planschen, die anderen ertrinken, zwar zynisch, aber korrekt. Moritz Baumstieger

Sechs Folgen, in der ZDF-Mediathek.

Munich Games

Was passiert: Geschichte scheint sich zu wiederholen: Fünfzig Jahre nach dem Olympia-Attentat 1972 droht wieder ein Anschlag, diesmal bei einem deutsch-israelischen Fußballspiel. Tief in den Betoninnereien des Münchner Olympiastadions tickt eine Bombe. Wer hat sie gelegt? Und auch nicht unwichtig: Kann sie irgendwer entschärfen?

Heimlicher Star: Das Stadion. Das architektonische Wunderwerk, das Günter Behnisch und seine Kollegen einst für die Münchner Spiele schufen, strahlt mal nicht wie kürzlich noch bei den European Championships. Aber es macht selbst in düsterster Regennacht eine hervorragende Figur.

Nicht geeignet für: Gute Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die unbedingt an Effizienz und Integrität deutscher Sicherheitsbehörden glauben wollen. Roman Deininger

Sechs Folgen, auf Sky.

Lauchhammer

Was passiert: Der Mord an einer jungen Frau ist aufzuklären, aber schnell zeigt sich, dass die Krimihandlung eingebettet ist in etwas Größeres. Es geht um die Wiedervereinigung. Den Kohleausstieg. Den Klimawandel. Den Strukturwandel. Um die eine Wende und viele weitere Wenden. Um alles.

Heimlicher Star: Die Lausitzer Mondlandschaft des Braunkohlegebiets. Ist ausgebeutet und entkernt worden. Hat allen Grund, sich zu rächen.

Nicht geeignet für: Menschen, die allergisch auf alle Formen von Gelbstichigkeit reagieren. Aber das Farbkonzept der Produktion ist nun mal streng darauf ausgerichtet, den Smog der Braunkohleheizungen von früher wieder ins rechte Licht zu rücken. Was auch gelingt. Holger Gertz

Sechs Folgen, in der Arte-Mediathek.

Haus der Träume

Was passiert: Der Jagdflieger Arthur Grünberg (wie immer toll: Alexander Scheer) ist ein Kriegsheld, jetzt will er in Berlin das erste Kreditkaufhaus in Europa gründen und es auch armen Leute möglich machen, ihre Konsumträume zu verwirklichen. Das geht nicht ohne Widerstände, denn Grünberg fehlt das Geld - und es geht natürlich auch nicht ohne Love-Story. Nach Sybil Volks' Roman "Torstraße 1".

Heimlicher Star: Nina Kunzendorf als reiche Alice Grünberg, die hinnimmt, dass ihr Mann sie betrügt, aber auf interessante Weise auf die Demütigung reagiert.

Nicht geeignet für: Zuschauer, die sich schon an Serien über die Zwanzigerjahren mit oder ohne Kaufhaus sattgesehen haben. Claudia Tieschky

Sechs Folgen, auf RTL+.

Andor

Was passiert: Der etwas zwielichtige Cassian Andor (Diego Luna), schon bekannt aus dem Kinofilm Rogue One von 2016, wird nach dem Mord an zwei Schergen des Imperiums in die Machenschaften einer verschwörerischen Untergrundorganisation hineingezogen. Disney füllt mit der Serie eine klaffende Erzähllücke im "Star Wars"-Universum: Woher kommt eigentlich die Rebellenallianz, die gegen das böse galaktische Imperium kämpft? Außerdem riskiert das Franchise mal wieder etwas: Endlich ist bei "Star Wars" nicht mehr ganz klar, wer gut und wer böse ist. Mehr Agententhriller als Zukunftsmärchen.

Heimlicher Star: Der Mitarbeiter des imperialen Geheimdienstes. Einerseits wegen Behördensatire, andererseits, weil die "Bösen" auch mal mehr sein dürfen als behelmte Schwachköpfe.

Nicht geeignet für: Fans von Jar-Jar Binks, den Ewoks und Baby-Yoda. Nicolas Freund

Zwölf Folgen, auf Disney Plus.

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