Süddeutsche Zeitung

Serie "2 Minuten":Im besten Sinne positiv

Lesezeit: 2 min

Schwanger oder nicht? Die Webserie "2 Minuten" erzählt in kurzen Episoden vom Warten auf ein Testergebnis und vom gesellschaftlichen Umgang mit Schwangerschaft. Nicht immer temporeich. Aber mit Influencerinnen.

Von Friederike Zoe Grasshoff

Den besten Satz darf die sächselnde Gynäkologin sagen: "Die Natur ist mitunter nicht immer ganz gerecht." Gerecht ist es auch nicht, dass eine Serie über positive und negative Tests, und seien es Schwangerschaftstests, bei der hypochondrischen 2020-Zuschauerin in erster Linie Erkältungssymptome hervorruft, die erste Folge heißt "Positiv".

Schock beiseite, geht ja um andere Schnelltests hier. Die MDR-Serie 2 Minuten wurde ausschließlich fürs Web produziert, die Episoden dauern fünf bis neun Minuten, besetzt wurde neben Corinna Harfouch auch Influencerin Marie Nasemann, die mit 152 000 Followern eine ganz ordentliche Instagram-Reichweite mitbringt. Schwangerschaftstests sind das verbindende Element zwischen den kurzen Folgen, die auch für sich stehen könnten, wäre da nicht Jerome, potenzieller Vater diverser ungeborener Protagonistinnen-Kinder. In einem Viertel im Leipziger Westen, alle sind hier jung und fruchtbar, setzen sich also sechs Frauen auf die Toilette oder aufs Dixi-Klo, um zwei Minuten später einigermaßen Gewissheit darüber zu haben, wie ihre Zukunft aussehen wird.

Leider beginnt die Serie mit Schwangerenklischee Nummer eins

Neele (Marie Nasemann), bei der die "ein Schuss/ein Treffer"-Strategie funktioniert hat (ihre Worte!), steht im Café und überlegt, ob eine Bananen-Kokosmilch noch ein gangbarer Weg für sie ist, checkt die Gesundheitsapp und redet auf ihre Cousine Tina (Luisa Wöllisch) ein, die das Down-Syndrom hat und ihr erzählt, dass auch sie schwanger sein könnte. Was? Neele googelt das mal kurz: Kann Tinas Kind denn gesund auf die Welt kommen? Leider beginnt die Serie mit Schwangerenklischee Nummer eins: der dauerbesorgten, in Lebensmittelfragen verlorenen werdenden Mutter.

Andere Prototypinnen folgen. Die 15-Jährige, vielleicht Schwangere, verschämt vor der Apotheke stehend. Die Apothekerin, die vor der Apotheke raucht, entnervt von biologischer Uhr und in einer offenen Beziehung lebend (logisch, wenn man in einer WG in Leipzig wohnt). Das schwangere Influencer-Paar, das influencermäßig unglücklich ist. So gut die Idee ist, diese fundamental einschneidenden Minuten im Leben verschiedener Frauen gegeneinander zu schneiden und so en passant den gesellschaftlichen Umgang mit Schwangerschaft zu erzählen, so sehr fehlt es einigen Folgen an Tempo und realistischen Dialogen. In ihren besten Momenten erinnert die Serie, bei der Lisa Miller Regie geführt und das Drehbuch geschrieben hat, an die witzige BR-Serie Servus Baby, allein schon deswegen, weil es dort auch um positive und negative Tests geht. In den nicht so besten Momenten wäre man gerne näher dran an diesen testenden Frauen, näher dran an dem psychologischen Druck, den dieses große Thema auf sie ausübt.

Aber da ist ja noch die Gynäkologin, gespielt von Corinna Harfouch, und ihre Patientin Samira (Banafshe Hourmazdi), Jurastudentin mit dem Prototypinnen-Satz "Ich bin eher so auf Karriere" und überaus deutlich in ihrem Wunsch, lieber Chlamydien zu haben als das Kind in ihr. "Na, warten wir mal ab, was der Abstrich sagt", sagt Doktor Vogel, "vielleicht haben Sie die ja auch noch."

Abstrich, noch so ein Seuchenwort, und doch war man ganz kurz raus aus der Realität, was im positiven Sinne positiv ist.

2 Minuten , in der ARD-Mediathek.

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