So bunt ist die Wüste. Leuchtend gelb die Blumen, die büschelweise zwischen Felsen wachsen. Hypnotisierend blau der weite Himmel darüber. Und das Blut ist so rot, wie nur Blut es sein kann. Das Erste, was an der Western-Serie The English auffällt, ist, wie fantastisch sie gefilmt ist. Ihre Bilder sind so genau komponiert, dass manche Einstellungen in den Augen brennen. Silhouetten im Gegenlicht, Gesichter im gleißenden Licht der Sonne.
Und was für Gesichter. Das ist das nächste. Emily Blunt spielt eine englische Adelige, gekommen, um ihren toten Sohn zu rächen. Ihr Gesicht - "es fällt Männern auf", sagt ihr Begleiter, und dass das ein Vorteil sei, weil es ihr ein paar Millisekunden Vorsprung beim Schießen verschafft - man kann kaum wegsehen von ihm, so viele Gefühle huschen darüber: Trauer, Abgeklärtheit, Entschlossenheit, Einsicht in die Absurdität des Daseins und Glaube, trotz allem, an so etwas wie Sinn und vielleicht auch: Liebe. Ihr Begleiter ist Eli Whipp (Chaske Spencer), ein Pawnee, auf dem Weg zu einem Stück Land, das man ihm als Lohn für seinen Dienst in der Army versprochen hat. Er ahnt, dass er es nie bekommen wird, seiner Hautfarbe wegen. Aber irgendwo muss er ja hin in dieser Welt, die den Ureinwohnern ihre Heimat genommen hat.
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Es ist ein stetiges Retten und Gerettetwerden zwischen diesen beiden und was für eine große Befriedigung liegt darin. Die feine Lady, die im Gepäck für den Wilden Westen anfangs noch ein knallrotes Seidentaftkleid hat, wandelt sich rasch zu einer Kämpferin. Wenn sie einen Bösewicht stellt, erklärt sie sich oft und wirkt noch einmal kurz naiv, als könnten die Fieslinge sie gleich überrumpeln. Aber dann drückt sie ab. "Ich habe keine Angst", sagt sie. Nicht, weil sie Hoffnung habe, sondern: "Weil ich bereits tot bin."
Die weißen Männer sind hier keine Helden, sie haben die Prärie zur Hölle gemacht
Autor und Regisseur Hugo Blick lässt seine Figuren solche klassischen Western-Sätze sagen und das funktioniert, weil die Figuren so komplex und neu sind. Keine Cowboys, keine harten Sheriffs. Sondern eine blasse englische Dame und ein Ureinwohner. Die weißen Männer sind hier keine Helden, sie haben die Prärie zur Hölle gemacht mit ihrer Habgier und ihrer entfesselten, im europäischen Klassensystem aufgestauten Brutalität. Wer in England den Herrschenden loyal gedient hat, sagt in einer Szene ein Wildnisführer zu einem jungen Lord, für dessen Moral ist die Freiheit Amerikas nicht unbedingt förderlich.
Vielleicht ist The English gerade deshalb ein solches Meisterwerk geworden, weil Hugo Blick mit dem Mythos vom Wilden Westen als leerem Land endgültig aufräumt: Die Prärie war so wenig leer wie die Eindringlinge aus Europa in ihr ganz neu anfangen konnten. Jeder kam mit Gepäck und sei es ein Seidentaftkleid so rot wie Blut.
The English , sechs Folgen bei MagentaTV.
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