"One Lane Bridge" auf Arte:Brücke ins Jenseits

TV-Ausblick Arte - 'One Lane Bridge'

Detective Ariki Davis (Dominic Ona-Ariki, l) wird mit seinem neuen Vorgesetzten Stephen Tremaine (Joel Tobeck) zur berüchtigten Suizid-Brücke gerufen.

(Foto: dpa)

Die neuseeländische Serie "One Lane Bridge" verknüpft einen klassischen Mystery-Krimi mit Maori-Mythen.

Von Sofia Glasl

Wie ein Schlachtfeld liegt dieser Ort da: Eine Frau hängt nahe des Ufers kopfüber in einem gekenterten Kajak, ihre Haare wogen merkwürdig friedlich in der Flussströmung. Die Kamera taucht auf, gleitet am steinigen Flussufer entlang, auf dem ein totes Paar liegt, beide mit blutigen Handgelenken, in einer letzten Umarmung. Ein paar Meter weiter liegt ein Körper mit dem Gesicht nach unten auf den Felsen, seine Gliedmaßen merkwürdig verdreht. Über ihm hängt ein Mann an einer Schlinge von der Brücke, auf deren Fahrbahn eine ganze Familie bei einem Autounfall aus dem Auto geschleudert wurde.

Die Eingangssequenz der neuseeländischen Serie "One Lane Bridge" wirkt wie eine dunkle Prophezeiung und ein Mahnmal zugleich: Mit der titelgebenden Brücke stimmt etwas nicht. Das stellt auch der junge Polizist Ariki Davis kurz nach seiner Ankunft im neuseeländischen Queenstown fest, in deren Nähe sich dieser merkwürdige Ort befindet. Er hat an diesem Ort immer wieder Wahnvorstellungen und Filmrisse, zweifelt an seiner Urteilskraft. Doch wer will schon mit den neuen Kollegen darüber sprechen, dass man den eigenen Sinnen nicht mehr traut.

Ein einfacher Krimi wird in Zeitlupe zum Mystery-Thriller

Eine Suizidbrücke sei das, erzählt ihm die Ehefrau seines neuen Vorgesetzten Stephen Tremaine. Deshalb scheint auch der erste Fall, den Ariki mit Stephen aufklären soll, mehr als eindeutig. Der Schäfer Grub Ryder liegt eines Morgens tot am steinigen Ufer - vermutlich ist er aus Verzweiflung von der Brüstung gesprungen, weil sein Betrieb sich kaum rentiert. Doch wie ist Grub zur außerhalb gelegenen Brücke gekommen und weshalb fehlt seine Armbanduhr?

Die Indizien weisen auf einen Mord hin. Nahezu die ganze Familie hätte ein Motiv - Ehefrau Kate, weil sie wusste, dass Grub ein Verhältnis hatte, die Geschwister, weil er die Farm an ausländische Investoren verkaufen wollte. Ganz nebenbei erzählt die Serie auch von den Problemen, die der enorme Wirtschafts- und Tourismusboom der Region seit einigen Jahren bereitet. Queenstown ist die am schnellsten wachsende Stadt Neuseelands. Dagegen haben familiengeführte Farmen kaum mehr eine Chance.

"One Lane Bridge" entfaltet eine klassische Whodunit-Logik, in der jeder jeden verdächtigt und ein gewiefter Ermittler durch rationale Kombinatorik dem Täter auf die Schliche kommt. Doch wer hier dieser kopfgesteuerte Polizist ist, wird immer unklarer: Stephen scheint eine eigne Agenda zu verfolgen, lässt Beweise verschwinden - und Arikis Perspektive könnte unzuverlässiger nicht sein. Doch gerade davon profitiert die Serie: Aus einem recht einfach gestrickten Krimi macht sie in Zeitlupe einen effektiven Mystery-Thriller und verknüpft diese übernatürlichen Momente mit Maori-Mythen. Erst nach und nach kann Ariki die Erscheinungen zulassen und als "Matakite" deuten. Diese Sehergabe ermöglicht es im Maori-Glauben den Lebenden, bereits Verstorbene zu sehen. Die Brücke, so scheint es, ist ein Portal ins Totenreich. Ariki muss seine Rationalität loslassen, um Klarheit zu finden.

One Lane Bridge, sechs Folgen ab 9. September auf Arte und bis 14. November in der Mediathek.

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