Serie:Himmel hilf!

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Wunderbar besetzt: Daniel Radcliffe spielt einen Engel und Steve Buscemi den Firmengründer. (Foto: Turner Entertainment Networks)

Daniel Radcliffe spielt einen verzagten Engel, Steve Buscemi Gott als CEO mit Burnout: "Miracle Workers" ist weniger Religionskritik, als eine gelungene Satire auf die moderne Arbeitswelt.

Von Luise Checchin

Das soll Gott sein? Man kann der jungen Mitarbeiterin Eliza, neu im Himmel, die Entgeisterung im Gesicht nicht verübeln. Dieser Gott, der da in Fötusstellung auf dem weißen Ledersofa kauert, trägt Jogginghose und Schlabberpulli, sein verfilztes Haar legt den Verdacht nah, dass ein Vogelpaar seit mehreren Tagen darin nistet und ganz allgemein hat er die Aura eines Alt-Achtundsechzigers, der seinen Haschdealer etwas seltener frequentieren sollte.

Steve Buscemi, der einige Erfahrung mit abgehalfterten Sonderlingfiguren hat, spielt ihn als egozentrischen CEO mit Burnout-Symptomen. Die Erde, dieses doch recht aufwendige Projekt, in das Gott Millionen von Jahren Arbeit investiert hat, ist im Niedergang begriffen. Die Eiskappen schmelzen, die Menschheit zerfleischt sich und auf die Idee, ihm ein Lamm zu opfern, kommen auch immer weniger Leute. Angesichts dieses Elends trifft Gott eine drastische Entscheidung: Er will die Erde zerstören - noch zwei Wochen, dann ist Schluss.

Wer nun denkt, bei Miracle Workers handele es sich in erster Linie um Religionskritik, der irrt. Die Miniserie, die auf einem Buch des Schriftstellers und ehemaligen Saturday-Night-Live-Autors Simon Rich basiert, ist viel eher eine Satire auf die moderne Arbeitswelt. Denn der Himmel, die "Heaven Inc.!", kommt in Miracle Workers als ein so abgehalftertes Unternehmen daher, dass jede städtische Baubehörde dagegen wie ein hippes Start-Up wirken muss. Budgetkürzungen zwingen die "Abteilung Tiere", immer neue Arten auszurotten, in der "Abteilung Vulkansicherheit" trinkt man lieber Kaffee als Ausbrüche zu verhindern und in der "Abteilung für erhörte Gebete" beschränkt sich der einzige völlig überforderte Mitarbeiter darauf, den Menschen bei der Suche nach ihren verlegten Schlüsseln zu helfen. In diese Apathie bricht nun die hypermotivierte Berufseinsteigerin Eliza, die, gerade als Verstärkung in die Gebets-Abteilung berufen, Gott zu einer Wette herausfordert. Wenn sie es schafft, einen im himmlischen System als "unmöglich" kategorisierten Wunsch zu erfüllen, muss Gott von der Weltzerstörung absehen. Der Wunsch hat es jedoch in sich: Eliza muss in 14 Tagen zwei äußerst schüchterne Mittzwanziger verkuppeln.

Die Irrungen und Wirrungen dieser gelenkten Liebesgeschichte sind einigermaßen vorhersehbar. Das ist aber nicht schlimm, schließlich lebt Miracle Workers von anderen Dingen. Da wäre zunächst einmal die hervorragende (und erfreulich diverse) Besetzung. Neben Buscemis göttlichem Big-Lebowski-Wiedergänger und Geraldine Viswanathans aufmüpfiger Eliza spielt etwa Daniel Radcliffe einen wunderbar verzagten Engel-Beamten. Vor allem ist da aber die Treffsicherheit, mit der die Serie die Widrigkeiten reformbedürftiger Unternehmenskulturen (und sind das nicht die allermeisten?) aufspießt. So deprimierend, wie das klingt, ist es im Übrigen nicht. Im Grunde könnte man Miracle Workers auch als Motivationsratgeber für frustrierte Angestellte bewerben. Der rebellische Enthusiasmus, mit dem Eliza gegen die verkrusteten Himmels-Strukturen ankämpft, hat durchaus etwas Ansteckendes. Und am Ende bleibt die tröstliche Botschaft: Schlimmer als dieser Gott ist der eigene Chef auf keinen Fall.

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© SZ vom 15.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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