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Serie "Euphoria":Teen-Drama für Erwachsene

"Euphoria" ist das bessere "Tote Mädchen lügen nicht". Die Serie spricht ähnliche Probleme an, kann mit ihnen aber besser umgehen. Die Aufregung um die Themen Sex und Gewalt jedoch ist groß.

Von Lena Mändlen

Sexuelle Gewalt und psychische Probleme, damit haben sich schon mehrere Serien Kritik eingehandelt, zuletzt prominent die Netflix-Produktion Tote Mädchen lügen nicht. Nun setzt das Teen-Drama Euphoria in Sachen explizite Inhalte noch mal einen drauf. Im Zentrum der Serie steht eine Gruppe Schülerinnen, deren Leben aus Sex, Partys, Alkohol- und Drogenexzessen besteht. Kommentiert wird die Handlung von der selbstzerstörerischen Rue, die nach einem Entzug an die Highschool zurückkehrt. Bei der 17-Jährigen wurde eine bipolare Störung diagnostiziert, sie versucht, die manischen und depressiven Phasen mit Drogen zu behandeln.

In Deutschland ist die Serie jetzt erstmals verfügbar, in den USA löst sie seit der Erstausstrahlung im Juni Kontroversen aus. Vor allem wegen Szenen wie der gleich in der ersten Folge, in der ein minderjähriges transsexuelles Mädchen extrem aggressiven Sex mit einem älteren Mann hat. In einer anderen Szene wird eine Schülerin beim Sex ungewollt gewürgt. Und dann ist da der Moment, in dem sich Schüler in einer Gemeinschaftsumkleide umziehen - und nicht weniger als 30 nackte Penisse zu sehen sind. Die US-amerikanische Organisation Parents Television Council warnt vor Euphoria, Präsident Tim Winter erklärte, die Serie würde "unverhohlen und zielgerichtet" extreme Inhalte für Teenager "vermarkten". Doch Euphoria handelt zwar von Teenagern, richtet sich aber an ein älteres Publikum, wie der Drehbuchautor Sam Levinson und die Rue-Darstellerin Zendaya betonten. Wer sich die Serie ansieht, merkt ohnehin schnell, dass nichts an Euphoria glorifizierend ist. Die Serie macht genau das richtig, was Tote Mädchen lügen nicht falsch machte: Sie geht mit psychischen Problemen realistisch um. Protagonistin Rue ist im einen Moment euphorisch, im nächsten wütend oder voller Selbstzweifel. Euphoria zeigt schmerzhaft, wie eine depressive Episode aussehen kann, wenn Rue 22 Stunden lang nicht aus dem Bett hochkommt, nicht mal, um auf die Toilette zu gehen, wovon sie eine Harnwegsinfektion bekommt.

Bleibt die drastische Darstellung von Sex. Das Frauenbild der Protagonisten scheint von Pornos geprägt zu sein, Mädchen werden dominiert und sehen nicht aus, als würde ihnen das Spaß machen. Doch Euphoria problematisiert diese Haltung gelungen, statt sie zu bekräftigen. Die Serie ist vor allem eins: abschreckend.

Euphoria, bei Sky

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Quelle:
SZ vom 17.10.2019
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