Serie: "Billions":Männer von unbeschreiblicher Eitelkeit

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In Homeland war er Sergeant Brody, als Broker Axe kann er vor Kraft kaum laufen: Damien Lewis. (Foto: JoJo Whilden/Sky/Showtime)

Obszöne Geldsummen und riesige Egos: In der Serie "Billions" mit Damien Lewis geht es um ein neues Lieblingsthema der Popkultur - die Machenschaften von Wall-Street-Bankern.

Von Karoline Meta Beisel

Im Fernsehen gehen manchmal die absonderlichsten Wünsche tatsächlich in Erfüllung. Zum Beispiel der, Namenspate eines schicken Konzerthauses zu werden. Oder der, von einer schönen Frau vollgepinkelt zu werden.

Letzteres soll Chuck Rhoades kühle Linderung verschaffen: Es brennt nämlich ganz schön, wenn einem eine Domina eine Zigarette auf der nackten Brust ausdrückt. Der Staatsanwalt Chuck Rhoades, das lernt der Zuschauer gleich zu Beginn der neuen Fernsehserie Billions, ist ein ganz harter Kerl, selbst wenn er gefesselt auf dem Boden seines Schlafzimmers liegt. Im Job gilt das umso mehr: "Solche Deals wurden in diesem Hinterzimmer oft ausgehandelt", sagt er zu einem Mann, der ihn flehentlich um Milde bei der Bestrafung bittet, " - von meinem Vorgänger".

Gut gegen Böse

Aber so einen braucht es wohl auch, um es mit einem Mann von der unbeschreiblichen Eitelkeit eines Bobby Axelrod, genannt "Axe" aufzunehmen. Hedgefonds-Manager Axe gibt 125 Millionen Dollar aus, damit sein Lieblingskonzerthaus nach ihm benannt wird, hat Leute, die ihm beim Anziehen helfen und erklärt den Kindern beim Abendessen anhand des nicht stubenreinen Hündchens, woher der Begriff "Pissing Match" kommt.

Staatsanwalt gegen Finanzhai, Gut gegen Böse - die Ausgangssituation der Geschichte ist simpel. Das Thema steht dieser Tage aber offenbar wieder hoch im Kurs. Der Kinofilm The Big Short, der ebenfalls an der Wallstreet spielt, gilt gerade als Oscar-Favorit. In Dänemark läuft bald endlich die Finanzkrisen-Serie Follow the Money, die im vergangenen Jahr schon auf der Berlinale gelobt wurde.

Billions wiederum ist auf dem Heimatsender Showtime gerade besser gestartet als alle anderen Showtime-Serien zuvor, wozu immerhin Homeland, The Affair und Ray Donovan gehören. Die Senderverantwortlichen haben jedenfalls schon jetzt eine zweite Staffel in Auftrag gegeben.

Dabei ist es keineswegs so, dass es an Billions nichts auszusetzen gäbe. In Tagen, in denen in Hollywood viel über Diversität gesprochen wird, fällt zum Beispiel auf, dass in den ersten beiden Folgen eigentlich nur Weiße zu sehen sind, weiße Männer nämlich.

Und die Charaktere Chuck und Axe sind im Wesentlichen zwei Pfaue, die darüber streiten, wer das größere Rad schlagen kann, kein besonders exotisches Szenario (Buch: Brian Koppelman, David Levine und New-York-Times-Journalist Andrew Ross Sorkin, der schon die Romanvorlage zum Bankenfilm Too Big to Fail schrieb). Aber, und dieses Aber ist fast so groß wie das pompöse Strandhaus, das sich Axe in der ersten Folge kauft ("Wozu ist Fuck-You-Geld gut, wenn man es nie benutzt, um Fuck You zu sagen"): Was für eine Freude, diesen beiden Schauspielern zuzusehen.

Die Hauptfiguren treffen sich selten, sie kämpfen vor allem mit ihren eigenen Egos

Damian Lewis, der für Showtime schon Sergeant Brody in Homeland war, verleiht Axe eine elegante Selbstverständlichkeit im Umgang mit obszönen Geldsummen - und sieht dabei stets so aus, als wäre es ihm schon rein körperlich völlig unmöglich, nicht mit geschwellter Brust durchs Leben zu schreiten.

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Auch phänotypisch sein Gegenstück ist Paul Giamatti, der gleichzeitig wütend brüllen und jammern kann. Die beiden tauchen nur selten in derselben Szene auf - was aber auch nicht nötig ist, denn sie kämpfen in erster Linie sowieso nicht gegeneinander, sondern vor allem jeder für sich mit dem eigenen Ego.

"Ich arbeite für das öffentliche Wohl", spielt Staatsanwalt Chuck sich auf, als er sich mit seiner Frau Wendy darüber streitet, ob sie aus Angst vor einem Interessenkonflikt ihren hochdotierten Job aufgeben sollte. Immerhin arbeitet sie als "Psychologin" in Axes Firma - oder wie auch immer man Menschen bezeichnet, die erwachsenen Hedgefonds-Managern "Tschakka, du schaffst es"-Botschaften vorbeten, damit die hinterher noch mehr Millionen umsetzen als vorher. "Du arbeitest vor allem für das Wohl von Chuck Rhoades, und die beiden Interessen überschneiden sich eben manchmal", entgegnet Wendy.

Wendy (gespielt von Maggie Siff aus Mad Men und Sons of Anarchy) ist mit der Rolle zwischen Axe und Chuck die interessanteste Figur in diesem Drama - persönlich steht sie im Lager des Staatsanwalts, ihrem Charakter nach ist sie aber eher wie Axe. Da ist es dann auch keine allzu große Überraschung mehr, als am Ende der ersten Folge aufgelöst wird, wer im Hause Rhoades die Lacklederhosen anhat.

© SZ vom 28.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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