Science-Fiction-Komödie:Der Himmel als Dienstleistung

In der Serie "Upload" gibt es ein Leben nach dem Tod: in der Cloud. Dort geht es mitunter sehr irdisch zu - zum Beispiel bei der entscheidenden Frage, was man sich so an Datenvolumen leisten kann und wer die Drinks zahlt.

Von Benedikt Frank

Die Familie sitzt beim ersten gemeinsamen Thanksgiving mit der zukünftigen Schwiegertochter zu Tisch. Smalltalk-Thema ist der hundertste Geburtstag ihrer Großmutter, zu der sie ihren Auserkorenen eingeladen hat. Ein beeindruckendes Alter - nur dass die Großmutter im Himmel ist. Stellt sich die Frage: In welchem? In der Serie Upload können die Menschen ihre Lieben und Angehörigen in die Cloud laden, gegen Aufpreis auch mit unbegrenztem Datenvolumen. Der Familie von Nathan (Robbie Amell) ist das eigentlich zu teuer. Er lernt das digitale Leben nach dem Tod dann aber schneller kennen, als ihm lieb ist.

Der Autor und Showrunner Greg Daniels ist für Arbeitsplatz-Comedy-Serien wie The Office und Parks and Recreation bekannt. Zuletzt wandte er sich mit People of Earth der Science Fiction zu, er tauschte darin das Büro durch ein Ufo, die Außerirdischen aber blieben ebenso liebenswerte Trottel wie seine alten Charaktere. Für die Serie Upload entwickelt er nun die Vision einer Zukunft, die von der unseren nicht allzu weit entfernt ist.

Es könnte eine Dystopie sein. Die Serie bleibt aber lustig - ohne albern zu werden

Es muss Zufall sein, dass darin Menschen in der U-Bahn Mundschutz tragen; die Serie wurde vor der Corona-Pandemie geschrieben und gedreht. Für eine Welt voller komplett autonomer Autos und ein Plakat für die Wahl der US-Talkshowlegende Oprah Winfrey zur Präsidentin 2024 muss ein Science-Fiction-Autor kaum noch spekulieren. Selbst die Erfindung im Zentrum der Serie ist nicht so fremd, wie sie auf den ersten Blick scheinen mag. "Die besten Tage Ihres Lebens könnten die nach dem Ende sein", wirbt der Marktführer. Die Serie erforscht die Idee eines Silicon Valleys, das eine Vorstellung über das Jenseits entwickelt hat. Dass es sie noch nicht gibt, unterscheidet die heutige Technikgläubigkeit gerade noch von einer richtigen Religion.

Upload, Amazon Serie

Bei einer digitalen Beerdigung: Nathan (Robbie Amell) und Ingrid (Allegra Edwards).

(Foto: Amazon)

Der Himmel ist in dieser Vorstellung kein Ort, den man sich etwa durch Frömmigkeit verdient, sondern reine Dienstleistung, die nach banalen kapitalistischen Regeln funktioniert. Wer es sich leisten kann, lebt im Postkartenidyll eines Luxushotels wie Lakeview weiter, der exklusivsten aller Nachwelten, umgeben von Wald und künstlich intelligenten Butlern. Lukrativ ist dieses Angebot nicht nur, weil sentimentale Angehörige dafür zahlen, ihre Lieben zumindest für Telefonkonferenzen aus dem Jenseits zu erhalten. Für ein ins Digitale transzendierte Bewusstsein bedeutet der Tod des Körpers nicht mehr das Ende des Konsums. Frühstück ist zwar inklusive, die virtuelle Minibar kostet allerdings extra. Ein Garten Eden, der keine verbotenen Früchte kennt, aber Produktplatzierungen und Klassenunterschiede. Die Habenichtse können die Ewigkeit von grauen Wänden umgeben verbringen, zumindest wenn sie nicht durch zu viele Aktionen ihr monatliches Datenvolumen aufbrauchen.

Nathan scheint zunächst Glück im Unglück zu haben. Seine wohlhabende Freundin Ingrid (Allegra Edwards) lädt ihn nach einem Autounfall nach Lakeview ein. Der Haken: Sein Account läuft auch auf ihre Kreditkarte. Nathan wird so zu ihrem Besitz, ein menschliches Tamagotchi-Ei mit echten Gefühlen. Die wenden sich bald seinem Engel zu, wie der Anbieter von Lakeview die lebendigen Servicekräfte nennt. Und dann ist da noch die Ungereimtheit, dass ein Teil seiner Erinnerung den Upload nicht überstanden hat - und die perfekten autonomen Autos eigentlich gar keine Unfälle mehr bauen können.

All das könnte auch eine düstere Dystopie aus der Netflix-Serie Black Mirror sein. Nicht zuletzt, weil die Verweise auf Probleme der heutigen Zeit mitgedacht werden: Die Möglichkeiten digitaler Kommunikation sind in der Gesellschaft ungleich verteilt, das macht nicht nur die Corona-Krise deutlich. Als Comedy-Autor interessiert sich Greg Daniels allerdings viel mehr für das Scheitern seines Szenarios als für dessen bedrohlichen Züge. Auch im Luxushimmel Lakeview klaffen überall Softwarelücken, die Bewohner nutzen sie aus. Ungehorsame Angestellte tragen den Rest dazu bei, dass die Herrschaft der Betreiberfirma nie absolut ist. Upload probiert aus, wie sich eine virtuelle Welt für Slapstick eignet - ohne zum albernen Pointenmarathon zu werden. Vielmehr lässt sich die Serie viel Zeit, nebenbei eine Romanze und eine Krimihandlung zu erzählen. Die geraten zwar beide mitunter etwas zu flach und durchsichtig, doch insgesamt entsteht eine herzliche Atmosphäre. Anders als nach den Bedrohungsfantasien von Black Mirror muss man sich hier nicht aus lauter Furcht in die Steinzeit zurückwünschen. Nach der ersten Staffel bleibt man mit der Hoffnung zurück, dass das verkorkste Paradies doch noch reparierbar ist.

Upload, bei Amazon Prime.

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