Schleichwerbungsverdacht bei "Wetten, dass..?":Gottschalk und das Prinzip Begeisterung

'Wetten, dass..?' in Düsseldorf

Die Begeisterung des langjährigen "Wetten, dass..?"-Moderators Thomas Gottschalk für Autos könnte vertraglich bestellt gewesen sein.

(Foto: dpa)

Gewinnspiele bei "Wetten, dass..?": Vertragsklauseln legen den Verdacht nahe, dass Zusagen der Gottschalk-Firma Dolce Media an Unternehmen weiter gingen als bisher bekannt. Was wusste das ZDF?

Von Katharina Riehl und Claudia Tieschky

Das deutsche Fernsehen hat wahrlich nicht viele strahlende Helden der Unterhaltung, aber Thomas Gottschalk war lange einer. Der große Blonde, der seit 1994 mit Wetten, dass . . ? die wichtigste Sendung des ZDF moderierte, beherrschte jenen Ton schnoddriger Leichtigkeit, auf den es in der Samstagabendunterhaltung ankommt.

Doch der erfolgssichere Gottschalk von einst hat einen mächtigen Abstieg erlebt, nachdem er die Show 2011 abgab, eine persönliche Entscheidung wegen des Unfalls von Wettkandidat Samuel Koch. Es folgten der Wechsel zur ARD, wo Gottschalk werktäglich plauderte und scheiterte, sowie eine Beschäftigung als Juror beim RTL-Supertalent, die noch mal Boulevard-Schlagzeilen machte.

Neue Gottschalk-Schlagzeilen

Jetzt gibt es neue Schlagzeilen über Gottschalk, und sie zielen auf die goldenen Zeiten von Wetten, dass . . ?. Es geht um den Vorwurf von erkaufter Produktwerbung im öffentlich-rechtlichen Programm.

Christoph Gottschalk, der Bruder des Moderators, hat mit seiner Firma Dolce Media vor vielen Jahren die Vermarktungsrechte an der Sendung Wetten, dass . . ? übernommen, um Logo-Rechte ging es da und um Produkte wie ein Brettspiel zur Sendung. Auch Gewinnspiele in der Show wurden von Dolce Media akquiriert. Thomas Gottschalk war bis 2009 an der Firma beteiligt - und profitierte auch so von seiner Erfolgssendung.

Markenpräsenz bei Wetten, dass . . ? war in all den Jahren immer wieder Thema, etwa die Gummibärchen, die jahrelang bei Haribo-Werbeträger Gottschalk auf dem Showtisch standen. So weit, so bekannt. Doch der Spiegel führt nun Details an, die den Verdacht nahelegen, dass Wetten, dass . .? über Jahre ein Traumschiff für Unternehmen war.

Man kann es komisch finden, dass im gebührenfinanzierten Fernsehen auch noch Gewinnspiele sein müssen. Aber Gewinnspiele sind legal und sie sind nicht zwangsläufig Schleichwerbung. Ein Vertrag zwischen der Produktionsfirma Dolce Media und Daimler Chrysler (vor Audi Auto-Partner des ZDF) über Gewinnspiele soll dem Autokonzern jedoch laut Spiegel 2003 zugesichert haben, dass "Dolce Media für die kontinuierliche Darstellung des einvernehmlich festgelegten Mercedes-Benz-Wagens in dem vereinbarten Umfang Sorge tragen" werde.

Slogans sollten von Gottschalk in der Show "verbalisiert" werden. Ein - allerdings nie unterschriebener - Vertrag mit BMW sah laut Spiegel sogar vor, "taugliche Wettideen rund um das Thema Auto" zu entwickeln. Daimler etwa soll pro Wetten, dass . .?-Staffel 1 250 000 Euro bezahlt haben, laut Vertrag etwa dafür, Zusammenschnitte aus Sendungen in Autohäusern zeigen zu dürfen.

Werbeplatzierungen in der Show?

Könnte es sein, wie der Spiegel vermutet, dass mit dem Geld die Platzierung in der Show bezahlt wurde? Im Nachrichtenmagazin wollte sich Dolce Media zu Vertragsdetails nicht äußern. Die in München absässige Firma war am Sonntag auf SZ-Anfragen um eine Stellungnahme weder telefonisch noch per E-Mail zu erreichen.

In einem separaten Spiegel-Artikel geht es um den Verdacht, der verunglückte Samuel Koch sei vielleicht über ein zu großes Auto gesprungen, weil es besser ins Konzept gepasst habe. Eine Einflussnahme wird im Magazin von allen Seiten dementiert. Das ZDF weist das auf SZ-Anfrage als reine Spekulation mit Nachdruck zurück.

Vertraglich bestellte Begeisterung?

Das Prinzip Gottschalk bei Wetten, dass . . ? war immer das Prinzip freundlicher Worte: Seine Euphorie galt den Stars auf der Couch, sie galt den Songs, die gespielt wurden - und eben auch den Preisen, die es zu gewinnen gab. Die Begeisterung, mit der Gottschalk auch Autos lobte, fiel auf, aber sie passte ins Bild. Dass es eine vertraglich bestellte Begeisterung gewesen sein könnte, dieser Verdacht war offenbar im ZDF niemandem gekommen.

Die Kernfrage, die der Bericht aufwirft: Hat Dolce Media den Konzernen Zusagen gemacht, die in die redaktionelle Unabhängigkeit eingriffen? ZDF-Enterprises war bis 2007 an Dolce Media beteiligt. Auf Anfrage erklärte das ZDF, man werde die Vorwürfe prüfen, die Verträge seien dem Sender nicht bekannt.

"Dem ZDF liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass im Zusammenhang mit der Präsentation von Gewinnspielpreisen Schleichwerbung bei Wetten, dass . .? stattgefunden hat. Einflussnahme von Dritten auf redaktionelle Entscheidungen gab es nicht." Der Vertrag mit Dolce Media über die Akquise von Gewinnspielpreisen laufe 2013 aus.

Heikel ist die Sache für Intendant Thomas Bellut. Er war von 2002 bis 2012 als Programmchef im ZDF zuständig. Gewinnspiele will er weiterhin, aber er will auch klare Regeln. Die legt eine Selbstverpflichtung des ZDF seit 2010 fest. Dort steht: "Jeder über die Information über den Gewinn und/oder seinen Spender hinausgehende Werbeeffekt ist zu vermeiden."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: