Schauspielerin Diana Amft:Komödie muss todernst sein

Diana Amft in ihrer neuen Serie "Christine"

Stolpert auf der Suche nach der Liebe: Christine (Diana Amft) ist Mitte Dreißig und will endlich wieder Sex.

(Foto: RTL)

Als Gretchen Haase in "Doctor's Diary" wurde Diana Amft bekannt. Jetzt ist sie bei RTL in der neuen Sitcom "Christine" zu sehen. Begegnung mit einer Komödiantin, bei der nicht nur die Locken nach oben wollen.

Von Claudia Tieschky

Sie hat eine Kullerstimme. Eine, die einfach so von Verzweiflung in Begeisterung und Nachdenklichkeit rollen kann und dabei eine Melodie macht. Es sei doch, sagt Diana Amft mit ihrer Kullerstimme, wesentlich einfacher, in einem Raum mit zehn Personen eine Schlechte-Laune-Stimmung zu verbreiten, als alle zum Lachen zu bringen.

In diesem Satz liegt die Wahrheit der Welt, und für einen Moment stellt man sich jetzt vor, wie das wäre, wenn die innere Gravitation der Menschheit andersherum wäre. Also zu spontaner, unverwüstlicher Heiterkeit neigte.

Fräulein aus Gütersloh

Nicht viele Menschen würden aber darauf kommen, dass dieses Kraftfeld nach unten, das im Leben hängende Popos und grauklößige Gemüter formt, eine persönliche Herausforderung sein könnte. Vielleicht ist Diana Amft, die als Jungärztin Gretchen Haase 2008 in der RTL-Serie Doctor's Diary schlagartig sehr berühmt wurde, einfach eine Menschenfreundin. Ihr, die im echten, schwerkraftbeladenen Leben zunächst ein Fräulein aus Gütersloh und Justizfachangestellte war, wurde an der Schauspielschule jedenfalls schnell klar, dass sie Komödie machen will, weil sie das liebt: rauskitzeln, an welcher Stelle genau man die Leute kriegt. Und: "Ich persönlich lache auch sehr gern".

Sie sagt das wirklich noch mehrmals so: Ich persönlich. Vielleicht weil manche Sätze ihr sonst zu kurz wären, nur so mit ich und nix danach. Sie spricht lieber in Sätzen, die sich in lange Kurven legen, mit Füllwörtern Zeit rumbringen und gewissermaßen Luft für Improvisation lassen. Denn Komödie ist Handwerk und kein spaßiges. "Wenn man es nicht todernst macht, dann macht man es halt einfach albern."

Wenn man Diana Amft also persönlich betrachtet, wie sie an diesem Tag in Berlin auf einem hellbeigen kleinen Sofa sitzt und über ihre neue Serie Christine redet, dann muss man zuerst wieder einmal feststellen, dass die Filmkamera Menschen mindestens zehn Jahre älter und zehn Kilo dicker macht, als sie in Wirklichkeit sind. Sie hat einen Jeansrock und eine Bluse mit durchbrochenem Stoff im einem Blau an, das zu ihren Augen und dem mädchenhaften Teint passt, dazu schwarze dichte Strümpfe und Stiefelchen zum Schnüren.

Gute Komödie entsteht in der grauen Zone

Und dann sind da natürlich diese wahnsinnigen Haare. In Filmen sind sie häufig zu theoretisch biederen Korkenzieherlocken geformt und stehen doch am Ende irgendwie zu Berge als sehr schöne Ausdrucksform für das allgemeine Chaos, in dem sich eigentlich alle ihre blonden Heldinnen immer wieder befanden und am tollesten Gretchen Haase. Die Gretchen-Frage - "Wie machen Sie das mit den Locken?" beantwortet Diana Amft leicht verlegen, aber gewissenhaft mit ausführlicher Informationen über bewährte Verfahren mit oder ohne Lockenstab.

Auch Christine, ihre neue Heldin passt ins bevorzugte Fach, ist aber im Vergleich zu Gretchen etwas gereift. Die Ehe ist geschieden, der Sohn wird allein erzogen. Der einstige Ehemann legt sich eine neue Freundin zu, die ausgerechnet so heißt wie die, nun ja, eben alte Christine. Die Neue ist allerdings bezaubernd, und so handelt die Adaption der US-Sitcom The New Adventures of Old Christine weniger vom Krieg mit dem Ex, sondern vor allem von den nicht ganz sicheren Versuchen einer Frau in den Dreißigern, wieder ein Liebesleben zu beginnen.

Frauenserien statt Autobahnpolizei

Zielgruppenfernsehen für frustrierte Mütter, die keinen Sex mehr haben - kann RTL das im Ernst wollen? "Nein", sagt Diana Amft über ihr Neuestes, "ich finde, es ist für jeden etwas dabei, wirklich." Trotzdem bespielt der Sender den Donnerstagabend von dieser Woche an gleich mit drei eigenproduzierten Frauenserien. Das ist ein harter Schnitt für die Freunde der pyrotechnisch auffälligen Serie Alarm für Cobra 11 - Die Autobahnpolizei, die dort sonst läuft. Es ist aber vielleicht auch der Versuch einer eigenen Antwort auf die frauenaffinen Serienabende bei der Konkurrenz von Pro Sieben und Spartensendern wie Sixx.

Christine sucht also wie alle Welt die Liebe, und man sieht ihr ziemlich oft beim Stolpern zu. Diana Amft ist, wie sie sagt, glücklich verheiratet, aber in ihrem Lebenslauf steht auch, dass sie mit 18 verheiratet und mit 19 geschieden war. Wenn man das anspricht, sagt sie den für ihre Verhältnisse sehr kurzen Satz: "Also das ist das, was man dazu lesen kann und mehr gibt es dazu auch gar nicht zu sagen".

Es ist natürlich Unsinn, aber den Darstellern einfühlsamer TV-Dramen hängt hinterher immer etwas von der Rolle an. Bei Komödianten ist klar, dass sie Kunstfiguren spielen. Das Leben von Diana Amft passt trotdem ziemlich gut zu Plots der Marke bodenständiges Mädchen schafft es in die Großstadt und zum Film. Als man sie nach vielen Vorsprechen an der Schauspielschule Zerboni in München nimmt, lässt sie sich bei der Justiz beurlauben, zieht aus der eigenen Wohnung in eine Sechser-WG. Die Eltern sagen, Kind, überleg dir das, so ein unsicherer Beruf, es gibt so viele arbeitslose Schauspieler. "Was eine Tatsache ist, ja? Und ich habe dann immer gesagt, so richtig, richtig naiv: Aber Mama, ich möchte doch zu den arbeitenden Schauspielern gehören. Und ich hab's dann auch wirklich genau so geglaubt."

In der grauen Zone

Und da kullert jetzt die ganze Person seitwärts aufs Sofa und schlägt die Hände vors Gesicht, weil sie das heute so verrückt, naiv oder vielleicht auch ehrgeizig findet: "Ich frage mich echt, woher ich diesen Mut genommen habe." Sie habe aber eigentlich nur alles so geradlinig und systematisch gemacht, wie sie es auch letztlich als Workshop-Teilnehmerin ans Groundlings-Theater nach Los Angeles gebracht hat. "Ich hab mich einfach so durchgelesen und schlau gemacht, wo die großen der amerikanischen Komödie herkommen". Dort lernt sie, dass nochmal etwas ganz anderes entsteht, wenn Schauspieler sich beim Improvisieren aufeinander einlassen. Und dass dann das kommt, was man dort die graue Zone nennt: "Wo man vielleicht gar nicht weiß, wie es weitergeht, aber so darauf vertrauen muss, dass man es findet, also gemeinsam findet."

Sie wird noch den ganzen Tag auf dem kleinen Sofa in dem Hotelzimmer sitzen und Interviews zu Christine geben. Demnächst ist sie in einer Hauptrolle der Neuverfilmung vom Weißen Rössl zu sehen. Ob sie sich auf dem Weg von Gütersloh nach Berlin mal in der grauen Zone verloren gefühlt hat? Schwer zu sagen. Aber ganz klar, diese Locken wollen nach oben.

Christine. Perfekt war gestern, RTL, donnerstags 21.15 Uhr. Doc meets Dorf, 20.15 Uhr und Sekretärinnen - Überleben von neun bis fünf, 21.45 Uhr

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