Oliver Wnuk, 35, spielte in Bully Herbigs Westernkomödie Der Schuh des Manitu und in der Romanverfilmung Soloalbum mit. Fernsehzuschauern ist er v or allem für seine Rolle des Ulf Steinke in der Bürocomedyserie Stromberg bekannt. Wenn er nicht auf der Leinwand zu sehen ist, schreibt er - unter anderem hat er Kabarettprogramme und ein Theaterstück für das Stadttheater Konstanz verfasst. Sein erster Roman Wie im richtigen Film ist für ihn ein erster Abstecher in ein neues Genre.
sueddeutsche.de: Ihr Roman heißt Wie im richtigen Film - die Hauptfigur Jan Beckmann ist wie Sie Schauspieler. Die meiste Zeit über fühlt er sich wie im falschen Film.
Oliver Wnuk: Jan steht zwischen falschem Film und richtigem Leben: Mein Protagonist blamiert sich. Er betrinkt sich bei einer Filmpreis-Gala, auf der seine Freundin, eine berühmte Schauspielerin, ausgezeichnet wird. Ihm wird übel und er erbricht - direkt vor den Kameras der Boulevardpresse. Das Privatleben des Mittdreißigers ist kompliziert: Er hat ein Kind aus einer früheren Beziehung und muss miterleben, dass sein eigener Vater im Altenheim ihn nicht mehr erkennt. Das Buch beschäftigt sich mit den typischen Themen dieser drei Generationen und ist gleichzeitig eine Liebeserklärung an sie.
sueddeutsche.de: Sie schreiben vom Erwachsenwerden. Sind Sie selbst schon erwachsen?
Wnuk: Ja. Das merke ich jedes Mal, wenn mich meine Tochter "Papa" nennt und mir bewusst wird, was das bedeutet. Ich habe gemerkt, dass ich in den vergangenen Jahren öfter meinen Mann stehen musste, als ich ahnen konnte - in den Rollen, die man im Laufe seines Lebens einnimmt. Das ist bei meiner Hauptfigur ähnlich.
sueddeutsche.de: Macht das Ihr Buch nicht zu einer Autobiographie?
Wnuk: Nein. Es gibt zwar eine Grundkonstellation, die meinem Privatleben ähnelt - da gibt es die Exfrau, das Kind, die bekannte Freundin. Aber Jans Denkstruktur ist wahrlich nicht meine.
sueddeutsche.de: Die Figurenkonstellation ist also wie im richtigen Leben, aber nicht der Plot?
Wnuk: Der Rest ist eben reine Fiktion - oder auch nicht. Aber eines kann ich sagen: Kein Dialog aus dem Buch hat es je in mein Leben geschafft.
sueddeutsche.de: Wie Ihre Figur Jan Beckmann muss sich Ulf Steinke, den Sie in Stromberg spielen, neben einer Karrierefrau behaupten. Zufall oder Absicht?
Wnuk: Purer Zufall, aber die Thematik ist ähnlich, das stimmt: Der Mann ist seiner neuen Rolle nicht immer gewachsen. Bis vor 30 bis 40 Jahren bestand seine Hauptaufgabe vorwiegend im Jagen und Sammeln, jetzt soll er einfühlsam sein, Kinder erziehen, in Elternurlaub gehen. Das ist ja auch gut so. Trotzdem kann es passieren, dass er nicht zurechtkommt. Wenn ein Mann Vater wird und damit nicht gleich klarkommt, stößt er unter Umständen auf Unverständnis.
sueddeutsche.de: Im Film spielen Sie oft eine wichtige Rolle, allerdings neben der Hauptfigur. Wie gefällt Ihnen dieser Part generell?
Wnuk: Mir ist es egal, ob eine Rolle klein ist oder groß. Es gibt keine kleinen Rollen, es gibt nur kleine Schauspieler - hat meine alte Schauspiellehrerin immer gesagt. Aber jeder Streifen braucht handlungstragende Charaktere neben der Hauptfigur. Die Amerikaner nennen das "Supporting Act", klingt viel besser als das deutsche Wort "Nebenrolle".
sueddeutsche.de: Werden Sie oft mit Ihrer Stromberg-Rolle Ulf assoziiert?
Wnuk: Ich habe es jedenfalls noch nie erlebt, dass mir jemand auf der Straße "Du bist doch Murat Alpay!" entgegenruft. So hieß der Kommissar, den ich in K3 - Kripo Hamburg spielte. Beim Einkaufen werde ich öfters als Ulf erkannt. Das ist für mich aber eher schön als nervig.
sueddeutsche.de: Jetzt kommt einen neue Stromberg-Staffel. Sie könnten sich natürlich auf die Rolle des Ulf fokussieren.
Wnuk: Nein, das könnte ich nicht. Das wäre erstens langweilig und würde zweitens nicht zum Leben reichen. Schauspieler müssen generell darauf achten, dass ihre Figuren sie nicht in Einbahnstraßen bringen. Dafür sorge ich ausgiebig und in vielen Richtungen, ob ich jetzt schreibe oder andere Rollen spiele, Hörspiele spreche. Ulf ist und bleibt ein Part von alledem.
sueddeutsche.de: Angeblich haben Sie keine Hobbys.
Wnuk: Ein Hobby ist etwas, das Spaß macht. Ich bin zielorientiert und kein guter Genießer. Natürlich mag ich mein Privatleben - aber das ist kein Hobby. Spaß ist nicht mein Ding.
sueddeutsche.de: Was bedeutet es für einen Schauspieler, wenn er bei ähnlichen Rollen bleibt?
Wnuk: Das ist bei mir glücklicherweise nicht der Fall. Ich spiele häufig komische Rollen, aber ernste sind auch dabei - mal bin ich Kommissar, mal Mörder, mal Verrückter. Bei einem Pilcher-Film auf die Tränendrüse zu drücken, das kann jeder. Komik ist dagegen das schwerste Genre und entsteht nur über Leid. Bei Stromberg bringe ich keinen Spaß in mein Spiel ein. Was ich spiele, soll das wahre Leben sein, auch wenn Leute darüber lachen. Für Außenstehende ist es komisch, ich muss es ernst nehmen. Das ist wie bei einem Clown, der leidet auch.
sueddeutsche.de: Ihr Vorbild ist also ein Clown?
Wnuk: Es ist, glaube ich, eine zu sehr unterschätzte Berufsgruppe. Jemand kommt mit einer roten Nase auf die Bühne und liefert sich dem Gelächter aus. Doch wirklich lustig ist er nur, wenn er leidet. Wenn er Schadenfreude erzeugt. Nehmen Sie berühmte Clowns, wie den russischen Künstler Oleg Popow. Wenn man hinter die Schminke schaut, sieht man tiefgründige, manchmal vielleicht sogar traurig scheinende Menschen. Das berührt mich.
sueddeutsche.de: Aber Ralf Husmann, der Autor von Stromberg, sieht in Ihrer Rolle keinen Clown sondern die "normalste Figur" von allen.
Wnuk: Beides schließt sich ja prinzipiell nicht aus. Aber es stimmt wohl - neben dem Neurotiker Stromberg und dem Mobbingopfer Ernie wirkt Ulf fast gewöhnlich. Ist aber auch nicht schwer, in diesem verrückten Haufen normal zu sein.
sueddeutsche.de: Momentan geht Stromberg in die fünfte Staffel. Kommt da noch ein Kinofilm?
Wnuk: Ich hoffe darauf. Husmanns Ideenpool ist bestimmt noch unausgeschöpft. Für mich könnte das weitergehen, bis wir Tattergreise sind.
sueddeutsche.de: Haben Sie Pläne für danach, wenn also die Serie endet?
Wnuk: Über Pläne lacht Gott am meisten, vor allem in der Schauspielbranche. Das kann ich ja nur begrenzt beeinflussen. Ich will weiter schreiben. Das sehe ich als gleichberechtigten Beruf neben der Arbeit vor der Kamera.
sueddeutsche.de: Welche Rollen oder Formate würden Sie noch interessieren?
Wnuk: Prinzipiell alles, was mir angeboten wird. Aber das sollen sich erst einmal andere für mich überlegen.