"Saturday Night Live" wird 40:Wo RTL seine Ideen klaute

SNL 40th Anniversary Special

Schon in den 70ern zu Späßen aufgelegt: Die damaligen "Saturday Night Live"-Moderatoren Will Ferrell und Cheri Oteri.

(Foto: AP)

"What the f**k is Saturday Night Live?", wird sich mancher angesichts des Jubiläums der wichtigsten US-Comedy-Show fragen. Ein alphabetischer Beipackzettel - von den Blues Brothers über Kokain bis zur Versöhnung.

Von Jürgen Schmieder

Noch nie von Saturday Night Live gehört? Kein Problem. Die Sendung finden seit 40 Jahren auch die meisten Amerikaner blöd - doch irgendwie kennen dann doch alle die Blues Brothers, das Lied "Dick in a Box" und Tina Fey als Politikerin Sarah Palin. In dieser Show haben die wichtigsten Komiker Amerikas begonnen. Ein alphabetischer Beipackzettel.

Anfang: Machten John Belushi und Michael O'Donoghue am 11. Oktober 1975 mit dem Sketch "The Wolverines" - am Ende kam Chevy Chase auf die Bühne und präsentierte den Satz, der noch heute zu Beginn jeder Folge gesagt wird: "Live, from New York, it's Saturday Night!"

Bergen, Candice: Erster weiblicher Gaststar - das allerdings bereits in der vierten Sendung. Die Nominierung zum Gaststar gilt als komödiantischer Ritterschlag, hat oftmals aber auch damit zu tun, dass da jemand gerade einen Film, ein Buch oder ein politisches Ziel zu vermarkten hat. Der Gast hält den Eröffnungsmonolog und wirkt in Sketchen mit. Nur 15 Menschen - darunter Drew Barrymore, John Goodman und Tom Hanks - gehören dem Five-Timers-Club an. Am häufigsten war Alec Baldwin mit bislang 16 Auftritten zu Gast.

Blues Brothers: 1977 in einem SNL-Sketch gegründet von den Gebrüdern Jake und Elwood Blues (dargestellt von John Belushi und Dan Aykroyd), berühmt durch einen höchst erfolgreichen Kinofilm und die Interpretation des Solomon-Burke-Klassikers "Everybody Needs Somebody to Love".

Campbell, Wayne: fiktiver Charakter, Protagonist von Wayne's World. Gespielt von Mike Myers und bekannt für sein Motto "Party on!". Musste sich 1992 beim Weißen Haus entschuldigen, weil er die zwölf Jahre alte Tochter des gerade gewählten Präsidenten so beschrieben hatte: "Chelsea Clinton - not a babe!"

Fallon, Jimmy: ist mit seiner Tonight Show einer der beliebtesten Moderatoren der USA und war von 1998 bis 2004 Ensemblemitglied von Saturday Night Live. In dieser Zeit nahm auch die Zusammenarbeit mit dem Musiker Justin Timberlake ihren Anfang. Gemeinsam traten sie zum Beispiel als die Bee Gees-Geschwister Barry und Robin Gibb auf. Heute werden ihre "History of Rap"-Medleys auf Youtube millionenfach geklickt. Für ihre gemeinsamen SNL-Sketche wurden Fallon und Timberlake zwei mal mit dem Emmy ausgezeichnet. Insgesamt gab es 40 Emmys bei 187 Nominierungen - beides ist Rekord.

Fuck: Gilt im amerikanischen Free-TV und damit auch bei SNL trotz aller Anarchie als böses Wort und ist wegen des Live-Charakters der Sendung gefürchtet. Passierte zuletzt Jenny Slate im Jahr 2009 - sie wurde am Ende der Staffel gefeuert. Andere SNL-Fuck-Sager waren Steven Tyler, Prince und James Hetfield von Metallica.

Grohl, Dave: Der Nirvana- und Foo Fighters-Musiker hält den Rekord der meisten musikalischen Auftritte (elf). Alle Künstler müssen übrigens live singen, Ausnahmen gibt es so gut wie nie.

Inkorrekt, politisch: Unausgesprochenes Motto der Show.

Jesus: Zentrum zahlreicher SNL-Skandale - zuletzt im Jahr 2013 mit Christoph Waltz im Video "Djesus Uncrossed". Provokationen gehören zum Konzept, Sinéad O'Connor zerriss aus Protest gegen Missbrauch in der katholischen Kirche im Oktober 1992 ein Foto von Papst Johannes Paul II.

Kokain: Einst offen zur Schau gestelltes kreatives Hilfsmittel für die Mitarbeiter der Show, die jeweils von Montag bis Samstag eine komplette Sendung konzipieren. Der Missbrauch von Drogen wurde nach dem Tod von John Belushi im Jahr 1982 an einer Überdosis drastisch reduziert. Tina Fey beschwerte sich kürzlich in der US-Zeitschrift Vanity Fair: "Es gibt keine Drogen und keinen Sex mehr in der Show."

Brauchbar für die höheren Weihen der Unterhaltungs-Industrie

Macht, politische: Wird der Sendung seit der Präsidentschaftswahl 1976 zugeschrieben, als Gerald Ford gegen Jimmy Carter unterlag. Wird mit "SNL Effect" umschrieben, ist allerdings nicht wissenschaftlich bewiesen.

Michaels, Lorne: Erfinder der Sendung und mit einer Unterbrechung von 1980-85 auch stets Showrunner. Mittlerweile Herrscher über ein NBC-Late-Night-Imperium, produziert unter anderem die Shows von Jimmy Fallon und Seth Meyers.

Murphy, Eddie: Wird an diesem Samstag wie zahlreiche andere ehemalige Ensemble-Mitglieder auftreten. Wurde durch die Sendung berühmt, vor allem durch die Figur Buckwheat. Zerstritt sich dann heftig mit Showrunner , verließ die Sendung und ließ die Figur Buckwheat vor laufender Kamera sterben. Gilt noch immer als der SNL-Mitarbeiter mit den höchsten Kinoerlösen.

Not Ready For Primetime Players: Spitzname für die Ensemble-Mitglieder, von denen sich dann doch viele als durchaus brauchbar für die höheren Weihen der Unterhaltungs-Industrie empfahlen. Ein paar Beispiele: Billy Crystal, Bill Murray, Kristen Wiig, Bill Hader, Amy Poehler Steve Martin, Robert Downey jr., Adam Sandler.

O'Connor, Sinéad: Ist aufgrund des Papst-Foto-Skandals eine von 18 Personen, die nicht mehr bei SNL auftreten dürfen. Andere Promis: Frank Zappa (wegen dessen Abneigung gegen Drogen) und Steven Seagal (wegen Talentlosigkeit).

Politik: Wird viel weniger thematisiert als angenommen. Tatsächlich geht es nur selten um politische Themen, dafür oft um das Persiflieren politischer Protagonisten.

Quoten: Werden immer schlechter. Der Marktanteil lag Ende der Siebzigerjahre bei knapp 40 Prozent, mittlerweile dümpelt er bei weniger als zehn Prozent. Das tut er nun jedoch schon seit bereits zehn Jahren.

RTL Samstag Nacht: Deutsche Adaption von Saturday Night Live, wurde von 1993 bis 1998 überaus erfolgreich ausgestrahlt.

Studio 8H: Produktionsstudio im achten und neunten Stock des Gebäudes in New York, das aufgrund seiner Adresse nur 30 Rock genannt wird.

Talent: Anscheinend sowohl bei den Darstellern als auch bei den Autoren ausreichend vorhanden - wie zahlreiche Karrieren bisher verdeutlichen. Aktuelle Ensemble-Mitglieder, denen eine große Laufbahn prognostiziert wird: Michael Che, Colin Jost, Vanessa Bayer.

US-Präsidenten: Königsdisziplin der Saturday Night Live-Persiflage - seit Beginn der Sendung wurde jeder amtierende POTUS verhohnepipelt: Gerald Ford (von Chevy Chase), Jimmy Carter (Dan Aykroyd), George H.W. Bush (Dana Carvey), Bill Clinton (Darrell Hammond), George W. Bush (Will Ferrell) und Barack Obama (Jay Pharoah). Die größte Aufmerksamkeit erregte indes die Überzeichnung einer Vizepräsidentschaftskandidatin: Tina Feys Porträt von Sarah Palin - bei der Palin im Studio zugegen war - wollten 14 Millionen Amerikaner live sehen und brachte Fey einen Emmy ein.

Versöhnung: Gelang beinahe im April 1976 mit dem Angebot von , den Beatles 3000 Dollar für einen gemeinsamen Auftritt zu bezahlen. John Lennon und Paul McCartney sollen damals in New York gewesen sein und kurz überlegt haben, ins Studio zu fahren - ließen es aber bleiben, weil sie fürchteten, nicht rechtzeitig vor Sendungsende anzukommen. Im November erschien dann George Harrison und forderte die auf 3200 Dollar angehobene Belohnung. Michaels konterte, dass nicht einfach irgendein Beatle auftauchen könne. Er bezahlte jedoch und sagte, die Mitglieder könnten das Geld untereinander aufteilen.

XL: Römische Verschriftlichung der Zahl "40", auch als Maßeinheit für "sehr groß" benutzt. Die Sendung am Sonntag wird ob des Geburtstages und der Berühmtheit der zu erwartenden Teilnehmer mit diesen Buchstaben beworben.

Youtube: Zweitverwertungskanal für Videos, die weltweit auch Menschen gesehen haben, die überhaupt keine Ahnung haben, was SNL überhaupt ist. "Lazy Sunday" der fiktiven Hardcore-Rapper The Lonely Island (gespielt von Andy Samberg und Chris Parnell) gilt als das erste virale Video weltweit und als mitverantwortlich für den Erfolg von Youtube. Weitere legendäre Videos: "Dick in a box" von Justin Timberlake und Andy Samberg, "Jack Sparrow" von Michael Bolton und "Natalie Raps" von Natalie Portman.

Zukunft: Schlecht, wie immer. Das Konzept gilt seit 40 Jahren als überholt, die Sendung als entweder zu lustig oder nicht lustig genug, als zu politisch oder nicht politisch genug und überhaupt als Relikt einer vergangenen Zeit. Wahrscheinlich saßen bereits beim ersten Sketch Menschen im Publikum und beschwerten sich, dass das früher alles lustiger gewesen sei. So wird das auch die nächsten 40 Jahre weitergehen.

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