Russisches Gesetz:Streit um Zitat

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Will nun den Verhaltenskodex verschärfen: DW-Intendant Peter Limbourg. (Foto: Oliver Berg/dpa)

Fake News oder ganz normale Berichterstattung? Russland beschuldigt die Deutsche Welle, Falschnachrichten in Zusammenhang mit der Corona-Krise zu verbreiten. Der Sender wehrt sich und wird vom Außenminister unterstützt.

Von Silke Bigalke

Die russische Staatsduma wirft mehreren Medien vor, Falschnachrichten in Zusammenhang mit der Coronakrise in Russland zu verbreiten, darunter der Deutschen Welle. Die zuständige Untersuchungskommission des Unterhauses bezieht sich dabei offenbar ausgerechnet auf einen Beitrag, in dem das Gesetz gegen"Fake News" thematisiert wird. Die russische Regierung hat dieses Gesetz erst kürzlich verschärft.

Der Sender habe "die Meinung von Menschenrechtlern der als unerwünscht geltenden Organisation Open Russia" zitiert, so der Vorwurf des Kommissionsleiters Wassilij Piskarjow. Im Bericht sei die russische Verfolgung von Falschnachrichten als Einschränkung der Meinungsfreiheit bezeichnet worden. "Diese Information entspricht nicht der Wahrheit", so Piskarjow. Der Bericht werde nun überprüft.

Den konkreten Beitrag nannte er nicht. Vermutlich handelt es sich um ein russischsprachiges Stück der Deutschen Welle von vergangenem Samstag. Darin geht es um ein Strafverfahren wegen angeblicher Falschmeldungen über das Coronavirus in Sankt Petersburg. Der Sender hatte den Anwalt der Frau zitiert, gegen die sich nun die Ermittlungen richten. "Das ist ganz reguläre Berichterstattung", schreibt ein DW-Sprecher in einer Stellungnahme. Dass Medien "im Zusammenhang mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie in Russland unter Beobachtung gestellt werden könnten, ist besorgniserregend", erklärte er.

Das russische "Fake News"-Gesetz gilt seit Frühjahr 2019. Wer Informationen verbreitet, die die russische Generalstaatsanwaltschaft als falsch und damit als Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung einordnet, macht sich strafbar. Die Medienaufsichtsbehörde kann betroffene Nachrichtenseiten blockieren, außerdem drohen Geldstrafen. Mit Hinweis auf die Corona-Pandemie hat das Parlament vergangene Woche die Strafen erhöht: Falschinformationen können nun je nach Schwere mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden.

Vergangenes Jahr warf die Duma der Deutschen Welle bereits vor, über Twitter zur Teilnahme an Protesten in Moskau aufgerufen zu haben. Auch damals wies der Sender die Vorwürfe zurück, seine Korrespondenten in Russland drohten dennoch ihre Arbeitserlaubnis zu verlieren. Die erneute Kritik kam nun nach einer Äußerung von Bundesaußenminister Heiko Maas: Die EU müsse sich mit vorsätzlich verbreiteten Desinformationen "auch aus der russischen Sphäre" auseinandersetzen, sagte der in Bezug auf die Corona-Pandemie.

© SZ vom 07.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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