Süddeutsche Zeitung

Doku-Serie auf Arte:Rupert Murdoch war nie weg

In einer dreiteiligen Doku schildert Arte, wie der australische Medienunternehmer seit den Achtzigerjahren Journalismus und Politik beeinflusst.

Von Alexander Menden

Es gibt widersprüchliche Berichte darüber, ob die Familie Murdoch die Fernsehserie Succession verfolgt oder nicht. Sieht man die dreiteilige BBC-Dokumentarreihe "Der Aufstieg der Murdoch-Dynastie", die nun auf Arte gezeigt wird, hat man als Succession-Fan jedenfalls ein Déjà-vu-Gefühl. Es gibt einen kontrollwütigen Patriarchen mit einem Riecher für die Volksmeinung, der ein weitverzweigtes Imperium zusammenzuhalten versucht. Von den um seine Gunst streitenden Kindern wirkt jedes auf seine ganz eigene Art versehrt und berechnend. Außenstehende werden willkürlich zu Favoriten erhoben, Skandale vertuscht, und der Clan mischt sich in die Politik ein.

Allerdings wirkt die Murdoch-Geschichte zugleich banaler und sinistrer als die des fiktiven Roy-Clans in Succession. Der Werdegang des mittlerweile 89-jährigen australischen Medienunternehmers Rupert Murdoch beginnt mit seinem Einstieg in das, was von dem Zeitungsverlag seines Vaters Sir Keith übrig war. Es folgte der Schritt nach Großbritannien in den späten Sechzigerjahren. Dann die Übernahme der Sun, schließlich die Expansion mit Fox nach Amerika. Die Machtkämpfe zwischen den Kindern aus der zweiten Ehe, Elizabeth, Lachlan und James. Die Förderung von Rebekah Brooks, die dann im Zentrum des Abhörskandals um Murdochs News International und der sogenannten Leveson-Untersuchung stand. Und natürlich der Brexit, den der Deregulierungsbefürworter Murdoch, der sich von der EU missachtet fühlt, leidenschaftlich unterstützte.

Australien als Testgebiet, Großbritannien als politischer Spielball und die Trump-Präsidentschaft

Was den drei jeweils einstündigen Teilen der neuen Dokumentation mit ihren vielen Zeitzeugen und Zwischenschnitten auf Stadtüberflüge gut gelingt, ist, Murdochs seit den Achtzigerjahren stetig wachsenden Einfluss auf die politischen Entscheidungen der "Anglosphäre" herauszuarbeiten: Australien als Testgebiet, Großbritannien als eine Art politischer Spielball der von Murdoch völlig umgestalteten, hochaggressiven Boulevardpresse, und schließlich die Trump-Präsidentschaft, großenteils ein Resultat der Propaganda- und Desinformationsstrategie von Fox News.

Der britische Fernsehmoderator Piers Morgan, als ehemaliger Chefredakteur diverser britischer Boulevardblätter selbst tief verstrickt in den Abhörskandal, sagt einen der prägnantesten Sätze des Dreiteilers: Es sei Rupert Murdoch völlig egal, ob Politiker ihn mögen. "Entscheidend für ihn ist allein: Schaden sie meinen Interessen?" Es ist sicher unvermeidlich, aber zugleich auch nicht unproblematisch, dass Figuren wie Morgan und Spectator-Herausgeber Andrew Neil gleichsam als unabhängige Beobachter befragt werden.

Von Murdoch in den Achtzigerjahren als Chefredakteur der Sunday Times persönlich ausgesucht und später Chefredakteur von Sky, ist der schottische Brexit-Cheerleader Neil ein Intimus des Unternehmers. Es wirkt denn auch zu sehr wie Hofberichterstattung, wenn er erzählt, Donald Trump habe Murdoch angerufen, um sicherzustellen, dass dieser Fox News nicht verkaufen werde. Allerdings ist Neils Analyse zutreffend, die endgültige Verwischung zwischen Politik und Medien im Vereinigten Königreich sei nicht unter einem Tory, sondern dem Labour-Premier Tony Blair erfolgt. Blairs angebliche Affäre mit Wendi Deng, Murdochs dritter Ehefrau, die zur Scheidung geführt haben soll, ist übrigens genau die Art von Material, auf die sich Murdochs Blätter stürzen würden, ginge es nicht zufällig um den eigenen Boss.

Murdoch war nie weg und hat nie aufgehört, die Politik zu beeinflussen

In der Rückschau ist entscheidend, dass Murdoch zwar eine Zeit lang in der Bredouille war - News of the World überlebte den Abhörskandal nicht -, dass er aber letztlich unbeschädigt aus der Leveson-Untersuchung hervorging. Daher ist der Titel des dritten Teils "Das Comeback" etwas irreführend - Murdoch war nie weg und hat seine politische Einflussnahme nie gelockert. So wurden im vergangenen August und September sämtliche führenden Politiker des britischen Kabinetts in einer Reihe privater Audienzen bei ihm vorstellig; Premier Boris Johnson traf er gleich zweimal. Wenn in der Dokumentation ein langjähriger Mitarbeiter erklärt, es sei bedauerlich, dass die Familie Murdoch "nicht erkannt habe", dass sie mit den Lügen auf Fox News der extremen Rechten in den USA Vorschub leistete, ist das also eine geradezu lächerliche Verharmlosung von Murdochs Intentionen.

Es gebe niemanden, der "eine größere Verantwortung für die Verseuchung der ohnehin schon ziemlich verseuchten Presse" in Großbritannien trage, sagt der Drehbuchautor Dennis Potter in einer Archivaufnahme. Sie stammt aus dem Jahr 1993 und wirkt absolut prophetisch angesichts der Entwicklungen, die noch folgen sollten.

Der Aufstieg der Murdoch-Dynastie, Teile eins bis drei, Arte, Dienstag ab 20.15 Uhr und auf arte.tv

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