Hat die Medienpolitik nicht gerade fliegende Autos erfunden oder wenigstens das Fernsehen revolutioniert? Diesen Eindruck machte es jedenfalls, als die Länderchefs im Dezember ankündigten, der Rundfunkbeitrag von 17,98 Euro könne 2015 sinken, zum allerersten Mal seit dem Anfang der Welt. Populärer geht es nicht. Heraus kam, die Sender könnten wohl auf 73 Cent pro Monat und Beitragszahler verzichten. So viel kostet eine Vollkornsemmel. Eine deutsche Brötchen-Revolution.
Man kann das kurios finden, an sich wäre es nicht weiter dramatisch. Nur nimmt jetzt, wenige Wochen später, die Debatte eine Wendung, an der exemplarisch klar wird, warum das niemand mehr versteht: Den Rundfunk, das Geld und das System.
Denn auf einmal gibt es in den für den Rundfunk zuständigen Staatskanzleien der Länder Bedenken gegen die 73 Cent. Die Gründe lassen sich erklären, sie sind für sich betrachtet nicht mal unvernünftig. Aber die Klein-Entlastung als Erfolg anzukündigen und dann wieder Striche durch die Rechnung zu machen - das ist eine Kommunikationskatastrophe, wie sie typisch ist für die gesamte 2013 begonnene Gebührenreform.
Die Finanzumstellung auf die Haushaltsabgabe für alle ist der Grund für die Beitragssenkung. Sie brachte mehr Geld als die alte Regelung. Dieses Geld dürfen die Sender nicht behalten. Den Öffentlich-Rechtlichen, deren Etats nicht steigen, wird trotzdem von vielen Menschen unterstellt, sich zu bereichern.
Darum sollen die 73 Cent auch beweisen, dass die Kontrolleure von ARD, ZDF und Deutschlandradio es ernst meinen mit der Finanzdisziplin. So versemmelt die Politik jetzt nicht nur 73 Imagecent, sondern Glaubwürdigkeit.
Wenn gespart wird, dann fast immer am Programm
Allgemein verständlich ist die komplizierte deutsche Rundfunkordnung sowieso nicht - und das ist ein wesentlicher Teil des Problems. Zum Beispiel verhindert diese Rundfunkordnung auch eine glänzende Idee: Warum nicht den Sendern die Semmelcents lassen - mit der Auflage, sie nur für neue und richtig gute Programme einzusetzen? Für Serien, von denen man spricht. Für Fernsehspiele, in denen die Welt so waschmittelfrei gezeigt werden darf, wie sie ist. Für politische Debattenkultur. Für Unterhaltung, die wirklich einmal an den Ruhm von Kulenkampff und Juhnke heranreicht?
In Wirklichkeit gilt im Fernsehen und im Hörfunk: Wenn gespart wird, dann fast immer am Programm. Da lässt sich das Geld am schnellsten lockermachen.