Rundfunkbeitrag:Was ist uns das öffentlich-rechtliche Programm wert?

Rundfunkbeitrag: Zeitgemäßer Auftrag? Tagesschau, Die Sendung mit der Maus, hart aber fair und Bares für Rares.

Zeitgemäßer Auftrag? Tagesschau, Die Sendung mit der Maus, hart aber fair und Bares für Rares.

Am Donnerstag beraten die Ministerpräsidenten über ein neues Modell zur Rundfunkfinanzierung. In der Politik und bei den Privatsendern regt sich Widerstand.

Von Hans Hoff

Wenn die Ministerpräsidenten der Länder am Donnerstag zusammenkommen, um wieder einmal über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu beraten, dann wird nicht nur eine Vorlage der zuständigen Rundfunkkommission ihre Gesprächsgrundlage sein. Es dürften auch schon die ersten Reaktionen auf die in diesem Papier enthaltenen Vorschläge eine Rolle spielen, denn es formiert sich von unterschiedlichen Seiten Widerstand gegen die Pläne. So hat die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen dazu bereits einen Antrag beschlossen, den sie in Kürze in den Bundestag einbringen will.

In dem werden starke Zweifel laut, ob es die Ministerpräsidenten überhaupt noch hinbekommen mit der Formulierung eines neuen und gleichzeitig zeitgemäßen Auftrags für ARD, ZDF und das Deutschlandradio. Gleichzeitig meldet auch Vaunet, die Interessenvertretung der privaten Rundfunk- und Telemedienunternehmen, erhebliche Bedenken gegen das in der Vorlage favorisierte Indexmodell zur Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Sender an. Notfalls werde man die Sache in Brüssel auf den Prüfstand stellen, heißt es von den Privatfunkern.

"Es findet keine breite Debatte statt. Das darf so nicht weitergehen", findet Rößner

Wortführerin des Antrags der Grünen ist die Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner. Sie firmiert als netzpolitische Sprecherin der Fraktion, ist aber vor allem eine leidenschaftliche Verfechterin des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Für den glaubt sie, in die Bresche zu springen, wenn sie das Vorgehen der Länderchefs kritisiert. "Ich vermisse bei den Ministerpräsidenten eine klare Haltung zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk", sagt sie und spielt damit auf das schleppende Verfahren an, das sich nun schon seit mehreren Jahren hinzieht.

Im Antrag der Grünen findet sich der Vorschlag, eine Expertenkommission einzuberufen, der Soziologen, Medienwissenschaftler und Medienrechtler angehören sollen, also Personen, die ohne Eigeninteressen in die Beratungen gehen. Ganz im Gegensatz zu Landespolitikern, die in Sachen Rundfunkpolitik bekannt dafür sind, immer auch Standortinteressen zu verfolgen. Begleitet werden soll die Arbeit der Experten von einer breiten öffentlichen Debatte.

Dass dieser Vorschlag eine Art Misstrauensvotum gegen die bisherige Arbeit der Ministerpräsidenten darstellt, weiß Rößner sehr wohl. "Sie haben es die ganzen letzten Jahre nicht hinbekommen", kritisiert sie und fordert vor allem mehr Transparenz. "Medienpolitik findet vor allem in den Staatskanzleien statt. Es findet keine breite Debatte statt. Das darf so nicht weitergehen", sagt sie.

Wenn es nach den Grünen geht, wird es eine gemeinsame Mediathekenplattform aller öffentlich-rechtlichen Anbieter geben, soll den Sendern mehr Freiheit in der Zusammenarbeit gewährt und dafür notfalls auch das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen geändert werden. Zudem spricht sich der Antrag für eine größere personelle Vielfalt in den Sendern aus, wo bislang zu oft Menschen mit dem gleichen kulturellen Background aufeinanderhocken. Mit qualitativ ausgerichteten Testverfahren von Sendungen, öffentlichen Befragungen und Publikumsäußerungen, journalistischer Medienkritik und wissenschaftlicher Begleitung wollen die Grünen zudem das Diktat der Quote brechen.

"Wo sollen die Debatten dann stattfinden?"

Hält man Rößner vor, dass Rundfunk Ländersache ist, aus der der Bundestag sich herauszuhalten hat, kontert sie mit der Forderung nach einer breit angelegten Diskussion: "Wenn wir darüber nicht auch im Bundestag diskutieren, wo sollen die Debatten denn dann stattfinden?"

Sie sieht das System als solches in Gefahr und ist auch gegen das vorgeschlagene Finanzierungsmodell, nach dem die Sender einem Index folgend regelmäßig einen festen Zuschlag erhalten, bei dem aber erst nach einer Weile überprüft wird, ob das für den jeweiligen Zeitraum zu viel oder zu wenig Geld war. Rößner warnt auch davor, die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF), die regelmäßig die Bedarfsanmeldungen der Sender prüft, zu entmachten. "Die KEF muss weiterhin einen wichtigen Stellenwert haben."

Sollte das Indexmodell kommen, wollen die Privatsender juristische Schritte prüfen

Auch beim Privatsenderverband Vaunet ist man nicht einverstanden mit solch einem Indexmodell. Dort hat man Thomas Hirschle mit einer Einschätzung des Indexmodells beauftragt. Hirschle kennt sich im System aus, schließlich war er lange KEF-Mitglied und zudem Präsident der Stuttgarter Landesanstalt für Kommunikation.

In seiner als "Kurzgutachten" betitelten Stellungnahme kommt Hirschle zu dem Schluss, dass eine Indexierung verfassungs- und europarechtlich nicht zulässig wäre. Er begründet dies mit dem Einwand, "dass ein einheitlicher Index weder dem Gebot der bedarfsgerechten Finanzierung noch dem Verbot einer übermäßigen Belastung der Beitragszahler entsprechen würde." Zudem führe eine Vollindexierung zu mangelnder Transparenz und einer unkontrollierten Flexibilität der Anstalten. Sie entmachte in Rundfunkfragen sowohl die Politik wie auch die KEF.

Ohnehin ist die geplante Indexierung nach Hirschles Einschätzung obsolet, weil die KEF sich in ihren Bewertungen längst auf Indizes stütze, diese aber differenziert einsetze. Ein einheitlicher Index jedoch würde beinahe unausweichlich zu einer unzutreffenden Beitragshöhe führen. Die Rundfunkanstalten wären dann entweder unter- oder überfinanziert, sagt er.

Hans Demmel, Vorstandsvorsitzender des Vaunet, warnt deshalb vor einer massiven Wettbewerbsverzerrung: Dann wären Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit kein Maßstab mehr für die Sender, glaubt er. "Sollte eine pauschale Indexierung durch die Ministerpräsidenten beschlossen werden, werden wir juristische Schritte prüfen", kündigt Demmel an, setzt aber eher darauf, dass sich bei den Ministerpräsidenten noch Einsicht breitmacht. Demmels Kollege Klaus Schunk, Vorsitzender des Fachbereichs Radio und Audiodienste im Vaunet, betont, dass sich das bisherige Modell bewährt habe. Er fordert eine Konkretisierung des Auftrags von ARD und ZDF, wobei die Medienpolitik insbesondere auch einen Blick "auf die ausufernden öffentlich-rechtlichen Radioprogramme" werfen solle.

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