Mit ein bisschen Glück wissen die Menschen, die für ARD, ZDF und das Deutschlandradio arbeiten am Donnerstag, wie es für sie weitergehen wird. Sie bekommen dann möglicherweise von den in Berlin versammelten Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer eine klare Antwort auf die Frage, was sie als öffentlich-rechtliche Anstaltszugehörige zukünftig verstärkt tun sollen und was sie besser bleiben lassen. Bislang wissen sie nur sehr genau, dass sie weiter sparen sollen. Wie viel sie sparen müssen, wissen sie noch nicht.
Mit ein bisschen Glück erfahren sie am Donnerstag aber auch in dieser Hinsicht Konkretes und bekommen eine ebenso klare Antwort auf die Frage, ob sich der Rundfunkbeitrag künftig an einem Index ausrichtet und regelmäßig steigt. Mit ein bisschen Glück passiert das. Aber wer hat schon Glück?
Wahrscheinlicher erscheint derzeit, dass es am Donnerstag wie schon bei den Ministerpräsidentenkonferenzen zuvor keine durchweg eindeutigen Antworten geben wird. Jedenfalls keine, die alle rundherum zufriedenstellen. Dafür ist die Gemengelage zu unübersichtlich, divergieren die Interessen zu sehr. Es ist halt schwer, Einigkeit zu produzieren, und die ist in Rundfunkfragen zwingend, wenn die medialen Interessen 16 unterschiedlich regierter Bundesländer aufeinanderstoßen, wenn dabei Standortfragen eine gewichtige Rolle spielen, wenn zudem in drei Bundesländern Landtagswahlen ins Haus stehen, bei denen drastische politische Verschiebungen drohen, und über allem die immer gerne und heißblütig diskutierte Frage schwebt, ob und wie der Rundfunkbeitrag steigen soll.
Am liebsten wäre allen Politikern sicherlich, der Beitrag könnte auf ewig bleiben, wie er ist.
Derzeit zahlt jeder Haushalt 17,50 Euro im Monat für die öffentlich-rechtlichen Sender. Allerdings sind diese 17,50 Euro schon jetzt eine Phantomzahl, denn der wahre Beitrag liegt derzeit bei 18,35 Euro. Das hat zumindest Ulrich Wilhelm ausgerechnet, der amtierende ARD-Vorsitzende und BR-Intendant. Wilhelm verweist auf Rücklagen, die seit Anfang 2013 aufgelaufen sind. Damals wurde das System umgestellt von den bis dahin von jedem Gerätenutzer zu entrichtenden Gebühren auf den neuen Beitrag, der pro Wohnung nur einmal fällig wird. Dabei sind erkleckliche Summen aufgelaufen, die auf ein Sperrkonto kamen und nun von den Sendern sukzessive aufgebraucht werden dürfen.
Zurzeit genehmigen sie sich also jeden Monat 85 Cent pro Haushalt zusätzlich. Allerdings wird die entsprechende Rücklage Ende des kommenden Jahres aufgebraucht sein. Was wird dann ab 2021? Das ist die große Frage, die nun im Raum steht. Fest steht auf jeden Fall, dass ein Festhalten am Betrag von 17,50 Euro für die Sender einer Kürzung um 85 Cent gleichkäme, von einer möglicherweise nötigen Erhöhung gar nicht zu reden.
Ende April haben die Sender routinegemäß ihre Bedarfsanmeldung für die vier Jahre ab 2021 bei der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) abgegeben. Nach eigenem Bekunden sind die Sender dabei so moderat vorgegangen, wie es sich die Ministerpräsidenten im März von ihnen gewünscht haben. Ob das eigene Bekunden der Realität entspricht, wird sich indes erst Ende des Jahres zeigen, wenn die KEF ihren Prüfbericht zu den Anmeldungen vorlegt.
Ein Gegengewicht zu Angeboten der Privaten? Das Programm unterläuft diesen Anspruch oft
Dieser Prüfbericht könnte aber schon bei seinem Erscheinen Makulatur sein, wenn sich die Ministerpräsidenten am Donnerstag auf ein Indexmodell einigen, das schon ab 2023 greifen soll. Die KEF müsste also noch mal an die Schreibtische und ausrechnen, welchen Beitrag sie empfiehlt, falls die nächste Gebührenperiode nicht die üblichen vier Jahre, sondern als Übergangsphase bis zum Index nur zwei umfasst.
Zumindest haben die Ministerpräsidenten sich von der Rundfunkkommission der Länder die Prüfung eines solchen Modells gewünscht, dabei aber nicht gesagt, welchen Index sie denn gerne zugrunde legen würden. Zu klären wäre dabei vor allem auch die Frage, welche Rolle die KEF spielen soll, die ja als unabhängige Institution zur nötigen Staatsferne und Unabhängigkeit der Sender beiträgt. Im Gespräch ist, dass die KEF weiterhin regelmäßig prüfen soll, ob die öffentlich-rechtlichen Anstalten angemessen alimentiert sind, weil ein Index ja immer auch die Möglichkeit mit sich bringt, dass ein Sender in einem Jahr zu viel oder zu wenig Geld erhält.
Prüfen soll die Rundfunkkommission auch, was die Sender demnächst ins Aufgabenheft geschrieben bekommen. "Es soll eine Profilschärfung des Auftrags vorgenommen werden", hieß es im März. Das öffentlich-rechtliche Profil solle nicht marktwirtschaftlichen Anreizen folgen, sondern zu einer inhaltlichen Vielfalt beitragen und vor allem ein Gegengewicht zu den Angeboten der Privatsender sein. Das ist allerdings als recht frommer Wunsch zu werten, denn erfahrungsgemäß wird in den Sendern gerne hochwertiges Qualitätsdenken propagiert. Gleichzeitig aber unterläuft das reale Programm im Quotenwahn erstaunlich oft genau diesen Anspruch.
Im Gegenzug zu den wie auch immer geschärften Aufgaben sind indes auch neue Freiheiten im Gespräch. So könnte es den Sendern beispielsweise überlassen werden, wie sie mit ihren digitalen Programmen der Kategorie "Tagesschau 24" oder "ZDF info" umgehen, ob sie diese möglicherweise nur noch im Netz veranstalten oder vielleicht sogar ganz auf sie verzichten.
Was davon Wirklichkeit wird, muss sich zeigen. Den gesamten Themenkomplex schieben die Ministerpräsidenten schon sträflich lange vor sich her, ohne wirklich zur Klärung beigetragen zu haben. Diesmal indes steht die Klärung mit einer besonderen Dringlichkeit auf dem Terminplan, denn es ist zu erwarten, dass nach den kommenden drei Landtagswahlen die AfD eine gewichtigere Rolle in den jeweiligen Parlamenten spielen dürfte, und deren Politiker haben schon mehrmals deutlich gemacht, dass eine Anhebung des Rundfunkbeitrags mit ihnen keinesfalls zu machen sei. Insofern könnte die anstehende Ministerpräsidentenkonferenz eine der letzten Möglichkeiten sein, sich mit vergleichsweise moderat auftretenden Landesvertretern zu einigen.