Süddeutsche Zeitung

Rundfunkbeitrag und Sender:Sparkurs ab sofort

Der Rundfunkbeitrag wird nicht erhöht, jedenfalls nicht zum 1. Januar. Wie ARD, ZDF und Deutschlandradio die Zeit bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts überbrücken wollen.

Von Aurelie von Blazekovic

Zumindest zum 1. Januar wird der Rundfunkbeitrag also nicht um 86 Cent steigen. Die öffentlich-rechtlichen Sender haben nun erst mal ein gewaltiges Finanzproblem. So viel ist sicher, nachdem ARD, ZDF und Deutschlandradio mit ihren Eilanträgen vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert sind.

Die Entscheidung bedeutet nicht, dass der Beitrag im Laufe des nächsten Jahres nicht noch erhöht wird. Das Bundesverfassungsgericht wird dann wie geplant in einem Hauptsacheverfahren über die Rechtmäßigkeit der Blockade der Erhöhung durch Sachsen-Anhalt entscheiden. Für die von den Sendern geforderte Eilentscheidung in der Sache sah das Gericht aber keine Grundlage. Im Hinblick auf die bisherigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Rundfunkbeitrag stehen die Chancen zwar nicht schlecht, dass der Beitrag dann auf 18,36 Euro steigen wird. Aber ab 1. Januar wird kein zusätzliches Geld fließen, die Zeit bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts muss überbrückt werden.

Man werde die Folgen im Programm sehen und hören, sagen die Sender

Die meisten Sender pokern dabei nicht auf eine spätere Erhöhung des Beitrags, sondern wollen jetzt schon konkrete Sparmaßnahmen in die Bahnen leiten. Auf Anfrage der SZ sagt der ARD-Vorsitzende Tom Buhrow: "Wir müssen nun unsere Finanzplanungen anpassen. Ein Ausbleiben der Beitragsanpassung wird gravierende Maßnahmen erfordern, die man im Programm sehen und hören wird." Wie diese Anpassungen genau aussehen werden, konnte man bei der ARD noch nicht sagen. "Das werden wir gemeinsam beraten", so Buhrow. Besonders beim Saarländischen Rundfunk (SR) und bei Radio Bremen dürfte es nun knapp werden. Sie sind schon jetzt von der Unterstützung reicherer Sender im ARD-internen Finanzausgleich abhängig.

Auch beim Deutschlandradio will man schnell reagieren. "Bleibt die Beitragsanpassung aus, fehlen Deutschlandradio in den kommenden vier Jahren insgesamt rund 66,5 Millionen Euro", so ein Sprecher auf Anfrage. Und: "Einsparungen in dieser Größenordnung hätten unweigerlich erhebliche Folgen für die Programmgestaltung." Man werde nun "zeitnah kurzfristig umsetzbare Sparmaßnahmen beschließen und die Entscheidung im Hauptverfahren abwarten", heißt es von Deutschlandradio. Auch hier konnte man aber noch keine konkreten Stellen nennen, an denen der Sender nun kurzfristig sparen kann.

Eventuelle Rücklagen der Öffentlich-Rechtlichen sind schon mit einberechnet und müssen aufgebraucht werden. Die nun ausbleibenden 86 Cent zusätzlich von den Beitragszahlern reißen deshalb ein gewaltiges Loch in die Finanzierung des Programms. Dass eine Erhöhung des Beitrags nötig ist, um dieses weiter zu finanzieren, entschied zunächst die KEF, die unabhängige Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs. Die Länder stimmten dem in einem Staatsvertrag zu, bis Sachsen-Anhalt Anfang Dezember das Verfahren blockierte, weil die Erhöhung im Landesparlament von Sachsen-Anhalt keine Mehrheit gefunden hätte.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den abgelehnten Eilanträgen gegen die Blockade seiner Landesregierung "mit Respekt" zur Kenntnis genommen, wie er der Deutschen Presse-Agentur sagte. "Dies gibt Gelegenheit, die komplexen Fragen, die im Raum stehen, im weiteren Verfahren mit der gebotenen Sorgfalt und Umsicht zu prüfen."

Auch das ZDF hat die Eilentscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Kenntnis genommen. ZDF-Intendant Thomas Bellut sagt dazu gegenüber der SZ: "Ich halte es gerade in der Corona-Krise für meine Pflicht, die mittelständisch geprägte deutsche Produzentenlandschaft und die Kreativen weiterhin zu unterstützen und das Programm und die Auftragsvergabe an Produzenten jedenfalls so lange wie möglich nicht einzuschränken." Einsparungspläne wolle das ZDF erst vorlegen, falls eine bedarfsgerechte Finanzierung "in einem angemessenen Zeitraum 2021" nicht gesichert werden sollte.

"Ermutigend" nennt Bellut den Hinweis in der Begründung des abgelehnten Antrags, dass ohne Erhöhung "eine Verletzung der Rundfunkfreiheit angesichts der bisherigen Rechtsprechung möglich ist." Ein Erfolg vor Gericht ist aus Sicht der Sender also immer noch denkbar. Das betont auch Tom Buhrow von der ARD: "Für die Verfassungsbeschwerde hat das Gericht noch keine Vorentscheidung getroffen. Jetzt setzen wir auf eine rasche Entscheidung in der Hauptsache."

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