Süddeutsche Zeitung

Rundfunk:Die BBC in Bedrängnis

In Deutschland werden die Rundfunkgebühren demnächst reformiert - hin zu einer allgemeinen Abgabe. In Großbritannien greift eine Studie das ähnliche Modell der BBC scharf an.

Wolfgang Koydl

Für langweilige und durchschnittliche Berichte war das Londoner Adam Smith Institute noch nie bekannt. Die Denkfabrik spezialisiert sich geradezu darauf, überkommene Meinungen und Ansichten gegen den Strich zu bürsten und mitunter unbequeme Wahrheiten zu verbreiten. Der jüngste Report über die Zukunft der BBC steht eindeutig in dieser Tradition. Denn sein Autor, der frühere BBC-Producer David Graham, fordert nichts Geringeres als die Abschaffung der Rundfunk- und Fernsehgebühren. Der Quasi-Staatssender, so argumentiert er, solle sich über ein "freiwilliges Abonnement" finanzieren. Der BBC dürfe nicht länger gestattet werden, "die exklusiven Vorteile öffentlicher Subventionen auszubeuten".

Nun ist die Forderung nach einem Ende des Gebührensystems nicht neu. Vor allem der australische Unternehmer Rupert Murdoch und sein britisches Medienkonglomerat News International (The Times, Sun) greifen die BBC seit Jahren an, weil sie ihrer Meinung nach mit ihren garantierten Einnahmen von derzeit 3,5 Milliarden Pfund im Jahr den Wettbewerb auf dem Markt verzerrt. Doch dass die Studie eines unabhängigen Institutes zu ähnlichen Schlussfolgerungen gelangt, verleiht den Forderungen ein bisher nicht gekanntes Gewicht.

Ausdrücklich bezeichnet Graham die "Feindseligkeit" der BBC-Konkurrenten wie Murdoch als "gerechtfertigt". Denn die BBC sei "in Wahrheit eine subventionierte Unterhaltungsfirma mit ein paar nicht-kommerziellen Verpflichtungen". Darüber hinaus wäre eine Fortsetzung der Finanzierung durch eine obligatorische Gebühr auf die Dauer verhängnisvoll für die BBC, da sie langfristig zu einer "Kontraktion und einem Niedergang" im Angebot des Senders führen würde. Indem sie überdurchschnittlich viel Zeit und Aufwand auf den Erhalt der Gebühr verwende, verspiele die BBC die Chance, sich stärker international zu orientieren und in Konkurrenz etwa zu großen US-Unternehmen zu treten.

Was gehört zum Kernauftrag?

Der Report hebt hervor, dass einige der besten amerikanischen Fernsehproduktionen der letzten Jahre von Pay-TV-Stationen hergestellt worden seien. Große Hoffnungen setzt der Bericht auf die neue Koalitionsregierung in London, die bereit zu sein scheine, "grundsätzliche Ansätze neu zu überdenken". Dazu gehöre unter anderem eine neue Definition, was künftig zum Kern des gesellschaftlichen Grundauftrages gehören solle. Nach Ansicht der Denkfabrik solle sich der weitgehend auf Nachrichten beschränken. Dies aber würde nur "einen Bruchteil" der gegenwärtigen Fernsehgebühr kosten.

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Quelle:
SZ vom 04.08.2010/leja
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