Süddeutsche Zeitung

Fernsehrechte an der Bundesliga:Ob Bundesligarechte oder Scholl: Die ARD schweigt

Krampfhaft versucht der Sender, die Kosten zu verheimlichen. Dabei lassen sich die Zahlen kaum unter der Decke halten.

Von Hans Hoff

In den vergangenen Wochen ist wieder einmal viel geschwiegen worden. Seitdem die Deutsche Fußball Liga (DFL) die Fernsehrechte an der Bundesliga von der Saison 2017/18 an verkauft hat, sind die Verantwortlichen der ARD gewohnt wortkarg.

Sie, die regelmäßig und gerne von Transparenz sprechen, sie aber offenbar ungern mit Leben füllen, verraten die Ausgaben der ARD für die Bundesliga nicht und weisen durchgesickerte Zahlen als meilenweit von der Wahrheit entfernt zurück. Das funktioniert als Vernebelungstaktik ja schon dann, wenn der Frager seine Werte nicht bis in die zweite Nachkommastelle hinein korrekt referiert.

Die öffentlich-rechtlichen Sender begründen ihre strikte Verschwiegenheit damit, dass ihre Verhandlungsposition gewahrt bleiben müsse. Die werde bei zu viel Transparenz gefährdet, dann könnten Mitbewerber und Rechteverkäufer beim nächsten Mal mehr bieten oder mehr verlangen. Das hat der ARD-Programmdirektor Volker Herres erst vor einigen Tagen öffentlich betont.

Die Deutsche Fußball Liga, die ihrerseits im Spiel der Rekordsummen natürlich ganz andere Interessen vertritt als die ARD, hat kürzlich im Handelsblatt durchschimmern lassen, dass bei ihr das Thema Geheimhaltung nicht ganz oben auf der Prioritätenliste stehe.

Das aber beeindruckt die Wortführer im Anstaltenverbund herzlich wenig. Die konkreten Zahlen sollen auch weiter unter Verschluss bleiben, nur im Sinne des Gebührenzahlers natürlich; das gleiche gilt natürlich auch für die Honorare prominenter Sportexperten. Über die angeblichen Einkünfte von Mehmet Scholl und Oliver Kahn hatte es zuletzt Spekulationen gegeben; die Sender dementierten - die tatsächlichen Zahlen nannten sie nicht.

Etwa 100 Rundfunkräten liegen die entscheidenden Zahlen vor

Nun verhält es sich aber in diesen Zeiten so, dass in einem vielarmigen Gebilde wie der ARD solch brisante Zahlen auf Dauer schwer geheim zu halten sind.

Aktuell liegen etwa rund 100 Gremienvertretern in den Rundfunkräten diverser Sender die entscheidenden Summen vor, die das Erste demnächst für Bundesligafußball ausgeben muss. Das ist nötig, weil die Rundfunkräte immer dann mitzuentscheiden haben, wenn sehr viel Geld ausgegeben wird.

Wer da allen Ernstes glaubt, etwas auf lange Sicht unter der Decke halten zu können, der holt bei einem Großbrand auch Löschwasser mit dem Einkaufsnetz herbei.

Dass die Position der Geheimhaltungshardliner wackeliger wird, konnte man vor einigen Tagen sehen, als das Branchenblatt Medienkorrespondenz Zahlen zum Bundesliga-Deal nannte und keinen nennenswerten Widerspruch erntete.

Den Angaben zufolge zahlt die ARD demnächst pro Bundesligasaison 113 Millionen Euro an die DFL, ohne Mehrwertsteuer. Das sind laut Medienkorrespondenz netto rund acht Millionen Euro mehr als bisher, allerdings bei verringertem Rechteumfang.

Audiorechte werden separat abgerechnet und dürften in einem Korridor zwischen fünf und sechs Millionen Euro liegen. "Sowohl aus rechtlichen Gründen sowie zum Erhalt der eigenen Wettbewerbsfähigkeit", werde sich die ARD zu diesen Zahlen nicht öffentlich äußern, sagt auf Anfrage Sportkoordinator Axel Balkausky. Natürlich.

Weil die ARD in diesem Punkt mauert, lässt sie viele Fragen und auch etliche Widersprüche offen. Warum beispielsweise auf die Audiorechte 19 Prozent Mehrwertsteuer entfallen, auf die Fernsehrechte aber lediglich sieben Prozent, bleibt vorerst ebenfalls ein Rätsel.

Zur Frage nach der Gesprächigkeit von Rundfunkräten im Fall der Bundesligakosten sagt Balkausky: "Wir haben großes Vertrauen in unsere ARD-Gremien und den verantwortlichen Umgang der Mitglieder mit sensiblen Zahlen, denn wir wissen, dass sie uns zwar kontrollieren, aber sicherlich nicht wirtschaftlich schaden wollen."

Wer sich umhört in der ARD, weiß, dass die Frage nach Transparenz intern durchaus umstritten ist. Einige Mächtige im Senderverbund sähen es gerne, wenn der Öffentlichkeit die Zahlen kommuniziert würden. Noch konnten sie sich nicht durchsetzen.

Die Dinge sind zumindest in Bewegung

Interessant in diesem Zusammenhang war jedenfalls die Äußerung von Hermann Eicher, Justiziar beim SWR, dieser Tage im Tagesspiegel. Es passe einfach nicht mehr in die Zeit, so Eicher, den Beitragszahlern jeden Monat Geld abzufordern und ihnen dann eine lange Nase zu drehen, wenn sie wissen wollten, was etwa Experten im Sport verdienen.

Schnelle Änderungen sieht er nicht in Sicht, aber die Dinge zumindest in Bewegung. "Es dämmert neben mir auch vielen anderen Verantwortlichen in der ARD, dass es so nicht mehr weitergehen kann", sagt Eicher. "Aber es braucht halt seine Zeit, bis ein föderaler Verbund wie die ARD das auf einen Nenner gebracht hat."

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Quelle:
SZ vom 18.07.2016
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