Rundfunk:Bedingt reformierbar

Horst Seehofer will ARD und ZDF zusammenlegen und trifft bei vielen genervten Gebührenzahlern voll ins Schwarze. Die Medienpolitik aber reagiert genervt auf den Vorstoß. Ginge eine Fusion überhaupt?

Von Hans Hoff und Katharina Riehl

Der Blick auf die Zahlen kann ein paar populistische Gedanken schon hervorrufen. Im April haben die Finanzkontrolleure von der Kef ihren Bericht darüber veröffentlicht, wie viel Geld die Öffentlich-Rechtlichen, zu denen neben ARD und ZDF auch noch das Deutschlandradio gehört, von ihren Gebührenzahlern bekommen: 31 Milliarden Euro für die Jahre 2017 bis 2020 - wovon gerade mal 16,7 Milliarden Euro fürs Programm verwendet werden. Allein 2,1 Milliarden Euro fließen in die Altersversorgung. Die Forderung des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer, ARD und ZDF zusammenzulegen, dürfte aus Gründen wie diesem den Nerv vieler unzufriedener Beitragszahler treffen.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat so einige Probleme, und klischeestrotzende Fernsehfilme, dämliche Spielshows und mittelmäßige Krimiserien sind vermutlich die kleineren. Auch in den Sendern ist das inzwischen vielen klar: Spricht man mit Intendanten und anderen Verantwortlichen, ist oft eine gewisse Verzweiflung zu spüren. Einen Sender wie zum Beispiel den BR zu reformieren, dem vom bayerischen Rechnungshof vor einigen Monaten quasi die Pleite attestiert wurde, ist schwierig; Gewerkschaften etwa sind naturgemäß dagegen, Arbeitsabläufe zu verschlanken und die Altersversorgung zu kürzen. Andere verzweifeln - oder behaupten das zumindest - an mangelnder Transparenz, etwa, was die Honorare prominenter Fußballexperten betrifft. Veränderungen sind schwer durchsetzbar. Es gibt also tatsächlich viel Angriffsfläche für Kritik.

Einem solchen Schritt müssten alle 16 Bundesländer zustimmen

Weder ARD noch ZDF wollten sich am Montag zu Seehofers Vorstoß äußern. Dass man ihn für unrealistischen Unsinn hält, ist trotzdem kaum zu überhören; auch in der Medienpolitik dominiert Unverständnis. Tabea Rösner, medienpolitische Sprecherin der Grünen, verwies darauf, "dass es stets die Ministerpräsidenten - allen voran Seehofer - waren, die Medienpolitik als reine Standortpolitik betrieben haben". Malu Dreyer, SPD, die als Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz die Rundfunkpolitik der Länder koordiniert, erklärte, sie betrachte "mit großer Sorge solche populistischen Initiativen", die die Existenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks insgesamt angreifen. "Unser höchstes Gericht, das Bundesverfassungsgericht, hat sich in umfangreicher Rechtsprechung seit 1961 immer klar positioniert" - zugunsten der Sender. FDP-Chef Christian Lindner dagegen stimmte dem CSU-Vorschlag zu.

CSU-Vorstandsklausur

Ministerpräsident Horst Seehofer sieht die Fusion schon vor sich.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)

Seehofer (selbst Mitglied des ZDF-Verwaltungsrats) suggeriert wider besseres Wissen, er könne ohne Weiteres eine Zusammenlegung von ARD und ZDF durchsetzen. Die Abschaffung eines öffentlich-rechtlichen Senders würde jedoch die Zustimmung aller 16 Bundesländer erfordern. Alle Gesprächspartner verweisen auf den Reformwillen der Sender und die blumig betitelte Arbeitsgruppe "Auftrag und Strukturoptimierung", in der die Länder bald grundsätzlich werden wollen. Auch mögliche Zusammenlegungen in Verwaltung und Technik sollen dort Thema sein.

Die Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus der föderalen ARD und dem bundesweiten ZDF geht zurück auf den Anfang der Sechzigerjahre. Bundeskanzler Konrad Adenauer, CDU, strebte mehr Kontrolle über das Mediensystem an und trieb daher die Gründung der privaten Deutschland Fernseh GmbH voran. Das Bundesverfassungsgericht verbot 1961 das sogenannte Adenauer-Fernsehen. 1962 wurde dann das ZDF gegründet, als öffentlich-rechtliche Anstalt und damit auch dem direkten Zugriff des Kanzlers entzogen. Der Schutz des ZDF vor der Politik gilt auch für den bayerischen Ministerpräsidenten.

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