RTL-Dschungelcamp: Tag 2:"Das ist ein reiner Provokant"

Dschungelcamp, RTL, Gisele Oppermann

Gisele Oppermann, bekannt aus Germany's Next Topmodel, wurde als Heulsuse für den RTL-Dschungel gecastet. An Tag zwei ließ sie bereits erste Ermüdungserscheinungen in Bezug auf ihre Rolle erkennen.

(Foto: RTL)

Tag zwei im Dschungel - und schon blättert der Putz. Chris Töpperwien entzaubert den "Miracle Morning" von Bastian Yotta. Und Camp-Heulsuse Gisele verweigert das Weinen.

TV-Kritik von Johanna Bruckner

Motto des Tages: Alles muss raus. Tränen, Euphorie, Angst, Exkremente. Und ja, auch das beste Stück von Alf-Stimme Tommi Piper. Die Nackedei-Nummer des Camp-Seniors (77) in der Naturdusche hebt sich angenehm von dem ansonsten zur Schau gestellten Astralkörper-Einerlei ab. Etwaige Doppeldeutigkeiten sind im Übrigen unbeabsichtigt. Wir reden nicht von Perfor­man­ce-Kunst, sondern von einem Stillleben. Das Einzige, was in der Busch-Kulisse obszön ange­schwollen ist, sind männliche Egos und die Muskeln von Bastian Yotta. Der Selfmade-Selbstdarsteller zieht auch an Tag zwei seine Mitcamper zur Truppenübung Miracle Morning ein. Hier wird nicht marschiert, sondern motiviert.

Chris Töpperwien, Anführer der Selbstoptimierungsverweigerer im Camp, wählt eine Metapher, um das metaphysisch aufgeladene Morgenritual zu entzaubern: "Das ist wie jeden Morgen zum Klo und kacken gehen. Das ist immer wieder derselbe Scheiß - im wahrsten Sinne des Wortes."

Apropos Ausscheidungen. Das Camp leidet unter Verstopfung, im tatsächlichen wie im übertragenen Sinne. Tommi Piper kommt auf dem Abort nicht zum Abschluss. Und Ex-Bachelorette-Kandidat Domenico de Cicco kommt zu kurz. Dabei geht es zur Abwechslung nicht um Rosen, sondern um Reis. Als Schauspielerin Doreen Dietel seine Ration ungefragt mitkocht, geht Domenico hoch wie ein defekter Dampfgarer. Rebellenchef Töpperwien löst beide Probleme salomonisch: Er bittet alle Verstopfungsgeplagten zu Tisch - "dann kann auch jeder wieder kacken hier, das macht auch ein bisschen was aus".

Tragende Rolle: die Wehleidigen. Ihr Genöle ist das Eiweißpulver im Busch-Bootcamp. Die Wehleidigen machen die Show erst groß und stark. Jede verweigerte Dschungelprüfung, jeder Heulkrampf am Dschungeltelefon, jedes "Ranger, big Spinne!" bringt Quote. Und oft genug holen sich die größten Jammerlappen am Ende die Dschungelkrone. Weil sich mit ihnen so wunderbar das Lieblingsnarrativ der RTL-Redakteure durchexerzieren lässt, das da lautet: vom undankbaren Buchstaben-Promi zum Sympathie-Millionär. Dazwischen liegen Entbehrungen, Erniedrigungen und Ekelprüfungen. Evelyn Burdecki, der ein Mitcamper zu Unrecht Naivität unterstellt, hat das durchschaut - und bereits einen Plan: "Mein Ziel ist es, dass ich heute Schweinearschloch auch wirklich aufesse."

Allerdings haben nach zwölf Staffel Ich bin ein Star - Holt mich hier raus! auch andere Kandidaten erkannt, dass es sich langfristig lohnen kann, sich kurzfristig ein bisschen anzustellen. Um dann in der Dschungelprüfung aufzutrumpfen. Womit wir bei der nächsten Kategorie wären.

Und die Dschungelprüfung? Wird bestritten von Ex-Topmodel-Kandidatin Gisele Oppermann, die es RTL bislang leicht gemacht hat. Der Sender knüpfte einfach da an, wo Pro Sieben seinerzeit aufgehört hat, und inszenierte die 31-Jährige als Heulsuse. Mit tatkräftiger Unterstützung von Hobbypsychologe Dr. Yotta, der diagnostiziert: "She is labil. She is nicht gefestigt." In der Dschungelprüfung "Kanal fatal" zeigt Gisele allerdings erste Ermüdungserscheinungen in Bezug auf die ihr zugedachte Rolle. Sie zickt im mit Ratten, Kröten und Krokodilen präparierten Tunnelsystem zwar ein bisschen rum und ruft sehr oft "Oh Gott". Aber die Augen bleiben trocken. Fünf von zwölf Sternen.

Worüber wurde am Lagerfeuer gesprochen? Über das Leid, das einem die Liebe verursachen kann. Gisele öffnet Schlagerbarde Peter Orloff ihr Herz, der seinen größten Hit mit "Ein Mädchen für immer" hatte. Gisele ist mit ihrer Geschichte von einer zehnjährigen unerwiderten Liebe also an der richtigen Adresse, sollte man meinen. Doch Orloff hat die Romantik in den Siebzigern gelassen und versucht es nun mit neuer Sachlichkeit: "Der, der weniger geliebt wird, ist immer der Verlierer."

Auch bei Tommi Piper tut es weh. Er erzählt wenig später Gisele von seiner Ehe mit einer Alkoholikerin. Ein "furchtbares Thema", resümiert der 77-Jährige - "deshalb bin ich so froh, wenn ich lustige, junge Leute treffe". Da fällt selbst den RTL-Gag-Autoren nichts mehr ein. Ach, doch.

Wortneuschöpfung vom Wurstwarenfachmann: "Das ist ein reiner Provokant, der Typ!" (Chris Töpperwien über Bastian Yotta)

Moral der Geschichte? "Stein drüber!", sagt Domenico de Cicco. Recht hat er. Um manches Gesehene zu bedecken, braucht es mehr als einen Schwamm.

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