RTL-Dschungelcamp: Tag fünf:Die angeödete Helena

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Pünktchentapete statt Buschpanorama: Gunter Gabriel ist raus. (Foto: RTL)

Tag fünf im Busch: Gunter Gabriel geht. Thorsten Legat gibt den Märtyrer. David Ortega flirtet mit Sprüchen, die aus einem schlechten "Tatort" stammen könnten.

TV-Kritik von Johanna Bruckner

Das ist passiert: Zielgruppe: 14 bis 49 Jahre? Das war einmal. RTL denkt in die Zukunft und inszeniert das Dschungelcamp als Mehrgenerationen-WG - inklusive senilem Bettfluch. Rolf Zacher, 74, und Gunter Gabriel, 73, müssen nachts abwechselnd raus. Jenny Elvers sagt: "Guck mal, was wir hier für 'ne Völkerwanderung nachts haben." Und Ex-Nachmittagstalker Ricky Harris befindet, nachdem er als menschliche Gehhilfe benutzt wurde: "Wir sind nicht ausgebildet, Pfleger zu sein." Da mag den Campern Gunter Gabriels Satz in Richtung Altersgenosse Zacher wie eine Drohung klingen: "Wir haben noch 20 Jahre vor uns."

Nur Stunden später scheint der Tod dann ganz nah. Gabriel hängt am Dschungeltelefon, ächzt, stöhnt, verlangt nach einem Pfarrer. Und ruft schließlich jenen Satz, der dem Format seinen Namen gibt: "Ich bin ein Star - holt mich endlich hier raus!" Doch was ist es? Der Kreislauf? Das Herz? Körperlich sei Gunter für einen 73-Jährigen in erstaunlich guter Verfassung, diagnostiziert Arztdarsteller Dr. Bob, aber: "Sein Kopf hat ihm gesagt: 'Ich muss hier raus'." Wenig später liegt Gabriel in einem architektonischen Albtraumzimmer mit Pünktchentapete - und lächelt selig.

Das nicht: Jürgen Milski nimmt Rolf Zacher den tattrigen Senior nicht ab. "Der spielt doch hier die Rolle seines Lebens", vermutet der Ballermann-Barde. Und tatsächlich, wie der 74-Jährige so durchs Camp wankt und stolpert, sich beim Ausziehen und Schlafsack-Zuziehen helfen lässt, auf dem Kopf eine Unterhose - das erinnert an die Performance-Kunst einer Larissa Marolt. Und der Schauspieler selbst? Flüstert in die Dunkelheit der Nacht: "Die haben mich ja engagiert, um ein anderes Niveau reinzubringen."

Gesprächsthema am Lagerfeuer: die Bürde der Schönheit. "Wenn du ein Mann bist, der für viele schön ist, dann wirst du komisch behandelt, ich schwör's dir", erklärt David Ortega, bekannt aus dem RTL 2-Laienspiel Köln 50667. Ex-Topmodel-Kandidatin Nathalie Volk findet: "Bei Frauen ist es noch schlimmer." Ein verständiges Lächeln zwischen den mit Attraktivität Geschlagenen, und schon hat das Dschungelcamp 2016 seinen ersten Flirt. Wobei die Anmachsprüche von David Ortega wahlweise aus der Bravo oder einem schlechten Tatort stammen könnten: "Du bist ja noch nicht ausgereift, bei dir wächst ja alles noch." Und, der Klassiker des Model-Anbaggerns: "Ich bin nebenbei nämlich Fotograf. Ich weiß nicht, vielleicht werden wir uns mal sympathisch und ich mach' gute Fotos von dir."

Wie sieht die Dschungelprüfung aus? Ekelig - so eine Essensprüfung alle paar Tage ist gutes Quotenfutter. Die Menükarte des "defekten Dinners": Aperitiv aus püriertem Lammhirn und Emublut, als Zwischengang Schaschlik mit Kotzfrucht und Nashornkäfern, zur Vorspeise eine "Karattensuppe mit Eutern der Provence", gefolgt von "Spaghetti Polognese" (ja, mit Schweine-Anus) - und nach dem Dessert (Entenfüße) wird als Magenschließer ein "Eggspresso" aus fermentierten Eiern kredenzt.

Porträt einer blonden Frau, 2016, Titel: "Ich mag das nicht". Unbezahlbar. (Foto: 5; RTL / Stefan Menne)

Thorsten Legat gibt den Prüfungsmärtyrer und würgt mit stierem Blick die größere Portion jedes Gangs runter, Helena Fürst verweigert sich dennoch zwei Mal, sodass am Ende nur zehn Sterne zu Buche stehen. Für Coach Legat ist der Fall klar: "Helena ist in der Fußballwelt die Nummer 18, die nie zum Einsatz kommt bei mir."

Wer ist morgen dran? Helena Fürst.

Bester Satz (Legat-bereinigt): "In Leben kann man sehr stark sein, aber man sind nur ein Mensch." (Brigitte Nielsen)

Legat des Tages: ."Ich möchte gerne drei Viertel, ich denke, dass du ein Drittel weghauen kannst." (Thorsten Legat in der Dschungelprüfung zu Helena Fürst)

Tier des Tages: das Nölpferd. Diesen Spitznamen verpassen die Moderatoren Helena Fürst, die wegen ihrer Verweigerungshaltung von den Zuschauern ein ums andere Mal in die Dschungelprüfung gewählt wird. Tatsächlich scheint sie den Hass des Fernsehvolks geradezu provozieren zu wollen. Mit dieser Frisur, dem schlurfenden Gang, dem verkniffenen Mund. Und der Zurschaustellung des immer gleichen Gemütszustands, vor, während und nach einer Prüfung: aufs Äußerste angeödet. Passend dazu zündet sie sich nach jeder vergeigten Tagesaufgabe eine Kippe an. Und während die anderen Kandidaten gebetsmühlenartig die eigene Authentizität beteuern, sagt die Frau, die im TV vermeintliche Sozialschmarotzer jagte, bevor RTL aus ihr die "Anwältin der Armen" machte, in jede Kamera: "Ja, ich will Öffentlichkeit! Und?"

Im schlechtesten Fall wird Helena Fürst gerade zum Opfer des Mediums, das sie zu kennen und zu beherrschen glaubt. Im besten Fall führt sie ihre Mitcamper vor. Und das Publikum dazu.

Niveau oder Nivea?

WC-Reiniger. Die mangelnde Toilettenhygiene ist nach wie vor Thema im australischen Busch. Die Details ersparen wir Ihnen.

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