Süddeutsche Zeitung

RTL-Casting-Flop "Rising Star":Im Singflug

Wieder ist ein neues Showformat gescheitert: Am Donnerstag beendet RTL die Sendung "Rising Star" vorzeitig. Die Castingshows zeigen Ermüdungserscheinungen - und die Zuschauer werden ungeduldiger.

Von David Denk

Dieter Bohlens Job ist sicher. Nach dem Flop der Castingshow Rising Star, die RTL am Donnerstag vorzeitig zu Ende bringt, muss der Chefjuror von Deutschland sucht den Superstar (DSDS) und Das Supertalent keine interne Konkurrenz fürchten. Auch wenn die elfte Staffel im Frühjahr den Abwärtstrend fortsetzte (das Finale hatte nur 3,08 Millionen Zuschauer), geht es 2015 weiter, mit Heino als Ko-Juror und einer auf 40 Jahre erhöhten Altersgrenze - für die Kandidaten. Zum Ende der Premierenstaffel 2003 waren es noch 12,8 Millionen Zuschauer, 2011 knapp die Hälfte. Trotz aller Ermüdungserscheinungen hatte DSDS auch zuletzt noch einen Marktanteil von 21,2 Prozent bei den 14-49-Jährigen, Rising Star dagegen war auf 5,9 Prozent abgestürzt, als RTL die Reißleine zog.

Sendersprecher Christian Körner bemüht sich, dem Flop auch positive Aspekte abzugewinnen: "Technisch haben wir das Format beherrscht." Außerdem sei man "zufrieden mit der Interaktivität". Das war's aber auch schon. "Es ist uns nicht gelungen, das bei den jungen Zuschauern anfangs durchaus vorhandene Interesse auf das Gesamtpublikum auszuweiten." Auch bei den 14- bis 49-Jährigen ließ das Interesse nach. Zum Start hatte der Marktanteil noch bei 14,2 Prozent gelegen.

Anspruch und ökonomischer Zwang

Körner sieht RTL in einem "anspruchsvollen Spagat" zwischen Formatpflege und -weiterentwicklung und Experiment: "Wir werden weiter Dinge ausprobieren", verspricht er, "aber wir müssen auch anerkennen, was die Zuschauer wollen und was nicht". Die seien heute "wählerischer und ungeduldiger" als noch vor einigen Jahren. Mangels Showideen aus dem Ausland wolle man nun "mehr selbst entwickeln und mit lokalen Partnern produzieren".

Insbesondere der Niedergang des ZDF-Klassikers Wetten, dass..? hat gezeigt, dass Unterhaltungsshows ihre generationenverbindende Kraft verloren haben. Die Gesellschaft zersplittert, Schnittmengen werden geringer. Wer wie RTL vom Anspruch und dem ökonomischen Zwang getrieben ist, ein möglichst breites Publikum zu bedienen, muss die Erwartungen der Stammzuschauer beherzigen, aber auch um neue werben. Rising Star war so ein Versuch, die Böhmermann-Comedy Was wäre wenn? ein anderer. Dass beides nicht funktioniert hat, ist ein Schlag ins Kontor.

Es gibt aber auch eine gute Nachricht: RTL geht auf Distanz zum Genre Castingshow. Sprecher Körner: "Vielleicht ist der Bedarf an neuen Variationen nach mehr als zehn Jahren Casting im deutschen Fernsehen jetzt mal gedeckt."

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Quelle:
SZ vom 18.09.2014/tgl
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