Reporter ohne Grenzen:Deutschland fällt auf Rangliste der Pressefreiheit zurück

Reporter ohne Grenzen: Gut gekennzeichnet - und in Deutschland immer häufiger Opfer von Angriffen: Reporter auf einer Demo. (Archiv)

Gut gekennzeichnet - und in Deutschland immer häufiger Opfer von Angriffen: Reporter auf einer Demo. (Archiv)

(Foto: Markus Scholz/dpa)

Laut "Reporter ohne Grenzen" nimmt die Gewalt gegen Journalistinnen und Journalisten zu. Justizminister Marco Buschmann äußert sich besorgt.

Deutschland ist auf der weltweiten Rangliste der Pressefreiheit der Organisation Reporter ohne Grenzen nicht mehr in den Top 20 vertreten. In der aktuellen Liste der Gruppe belegt Deutschland in diesem Jahr nur noch Rang 21, nach 16 im Vorjahr und 13 vor zwei Jahren. An diesem Mittwoch ist der Internationale Tag der Pressefreiheit, traditionell veröffentlicht Reporter ohne Grenzen seine neuesten Erhebungen an diesem Tag.

Der Abstieg Deutschlands sei vor allem mit dem Vorbeiziehen anderer Länder wie den Niederlanden, Tschechien, Kanada, Lettland und der Slowakei zu erklären, heißt es als Begründung. Auch Osttimor und Samoa überholten Deutschland, dessen Punktzahl sich indes nur um 0,13 auf 81,91 von 100 möglichen Punkten verschlechterte.

Die Verschlechterung der deutschen Wertung begründet die Nichtregierungsorganisation (NGO) mit weiter zunehmender Gewalt gegen Journalistinnen und Journalisten in Deutschland. Mit 103 physischen Angriffen habe man den höchsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2015 dokumentiert, erklärte Reporter ohne Grenzen. Im Vorjahr waren 80 und im Jahr davor 65 Angriffe verzeichnet worden.

87 der Fälle aus dem betrachteten vergangenen Jahr 2022 seien in verschwörungsideologischen, antisemitischen und extrem rechten Kontexten verübt worden. Versammlungen blieben in Deutschland die gefährlichsten Orte für Medienschaffende. Besonders viele Angriffe zählte die Organisation in den ostdeutschen Bundesländern Sachsen (24), Berlin (17) und Thüringen (13).

Ein bundesweites Problem sei hingegen die Straflosigkeit, kritisierte Reporter ohne Grenzen. Viele der betroffenen Journalistinnen und Reporter äußerten Unzufriedenheit über die Arbeit von Polizei und Justiz. Effektiver Schutz sei dringend erforderlich.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) zeigt sich besorgt über die Entwicklung. "Wir sehen leider auch in Deutschland, dass versucht wird, die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten zu behindern", sagte er. "Durch Drohungen und gewaltsame Übergriffe sollen sie eingeschüchtert werden. Das dürfen wir nicht zulassen. Die Pressefreiheit ist eines der höchsten Güter im liberalen Rechtsstaat. Sie zu fördern, muss unser Ziel sein; sie zu schützen, ist unsere Pflicht."

Weltweit hätten im vergangenen Jahr so viele Journalistinnen und Journalisten im Gefängnis gesessen wie noch nie, seit Reporter ohne Grenzen diese Zahlen dokumentiere. "Das alarmiert uns sehr", so der Liberale. "Denn die Pressefreiheit ist elementare Voraussetzung einer freien Gesellschaft. Wer die Pressefreiheit einschränkt, schränkt auch andere Freiheiten ein: die Freiheit, sich zu informieren, zu diskutieren, sich selbst eine Meinung zu bilden."

Irland holt in diesem Jahr auf, aus interessanten Gründen

In der diesjährigen Rangliste werden 31 Länder in der schlechtesten Kategorie "sehr ernst" und 42 in der Kategorie "schwierig" aufgeführt. In 55 Ländern gibt es demnach "erkennbare Probleme" und in 52 ist die Lage "gut" oder "zufriedenstellend" - darunter Deutschland. Ähnlich wie im Vorjahr seien die Arbeitsbedingungen für Medienschaffende in etwa 70 Prozent der Länder problematisch.

Auf den hintersten Plätzen der 180 Staaten umfassenden Rangliste landen Vietnam, China und erneut Schlusslicht Nordkorea. Russland kommt auf Rang 164, die Ukraine verbessert sich von Platz 106 auf 79. Griechenland schneidet mit Platz 107 wie im Vorjahr im EU-weiten Vergleich am schlechtesten ab. Vergangenes Jahr wurde enthüllt, dass in dem Land mindestens 13 Medienschaffende mit der Spyware Predator sowie auf konventionelle Weise vom Geheimdienst überwacht wurden. Ganz vorn in der Liste steht zum siebten Mal in Folge Norwegen, danach folgt Irland, das Dänemark und Schweden nach mehreren Jahren auf die weiteren Plätze verwies. In Irland hat der Pluralismus auf dem Medienmarkt zuletzt zugenommen, ein neues Verleumdungsgesetz schützt Medienschaffende vor missbräuchlichen Klagen.

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