Reporter ohne Grenzen:533 Medienschaffende weltweit im Gefängnis

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Noch nie saßen so viele Reporter im Gefängnis. Zu diesem Ergebnis kommt die Jahresbilanz von Reporter ohne Grenzen. Vor allem in Iran ist die Zahl massiv gestiegen. Die Ukraine ist durch den Krieg zu einem der gefährlichsten Länder für Journalisten geworden.

Von Lilly Brosowsky

Aktuell befinden sich 533 Journalistinnen, Journalisten und Medienschaffende weltweit wegen ihrer Arbeit in Haft. Das sind 63 Personen mehr als im Vorjahr. Die Anzahl der Inhaftierten ist so hoch wie noch nie, auch wenn sie im Vergleich zum Vorjahr weniger stark angestiegen ist. Das geht aus der Jahresbilanz zur Pressefreiheit von der Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) hervor. Demnach ist vor allem die Zahl der inhaftierten Frauen deutlich gestiegen. Es sitzen 30 Prozent mehr Journalistinnen als in den Vorjahren im Gefängnis. Dies ist ROG zufolge auch auf die Proteste in Iran zurückzuführen.

Dem Bericht zufolge ist Iran seit dem gewaltsamen Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini im September auf Platz drei der Länder mit den meisten Inhaftierungen aufgestiegen. Knapp zwei Monate nach Beginn der Proteste sitzen aktuell landesweit 47 Journalistinnen und Journalisten im Gefängnis. Zweien droht derzeit sogar die Todesstrafe: Nilufar Hamedi und Elahe Mohammadi hatten als erste über den Tod von Jina Mahsa Amini berichtet. Sie sind wegen "Propaganda gegen das System und Verschwörung gegen die nationale Sicherheit" angeklagt.

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Anders als Iran waren China, Myanmar, Vietnam und Belarus bereits 2021 die Länder mit den meisten inhaftierten Journalistinnen und Journalisten. China führt diese Bilanz schon seit einigen Jahren an. Zensur und Überwachung hätten dort mittlerweile "ein extremes Ausmaß erreicht", heißt es im Bericht. Aktuell seien 110 Medienschaffende in China inhaftiert.

Reporter ohne Grenzen zufolge erhalten 63,6 Prozent der inhaftierten Journalistinnen und Journalisten weltweit keine Gerichtsverfahren. Teilweise säßen sie Jahrzehnte ohne einen Prozess in Haft. Wer verurteilt wird, müsse mit langen Haftstrafen rechnen. So etwa der russische Investigativjournalist Iwan Safronow, den ein russisches Gericht im September schuldig gesprochen hat: Weil er Staatsgeheimnisse verraten haben soll, muss er 22 Jahre in Haft. Dabei seien alle Informationen seines Artikels zuvor bereits online verfügbar gewesen, so Reporter ohne Grenzen.

Die Ukraine zählt zu den gefährlichsten Ländern

Seit Beginn des Angriffskriegs auf die Ukraine geht Russland noch stärker als zuvor gegen kritische Journalisten vor. "Fast alle unabhängigen Medien in Russland wurden im Laufe des Jahres verboten, gesperrt, zu 'ausländischen Agentinnen und Agenten‛ erklärt", heißt es im Bericht.

Zu den gefährlichsten Ländern zählte dieses Jahr die Ukraine: Bisher sind acht Medienschaffende im Kriegsgebiet gestorben. Weltweit kamen 57 Journalistinnen und Journalisten bei der Arbeit ums Leben. Der amerikanische Doppelkontinent ist laut Bericht die gefährlichste Region für Medienschaffende. Insbesondere Mexiko, das zum vierten Mal in Folge als das unsicherste Land gilt. Berichte über organisiertes Verbrechen und Korruption gehören weiterhin zu den gefährlichsten Themen im Journalismus.

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