Vom Schlafzimmer ins Bad. Dann die lange Querung über den Flur in die Küche. Später eine abenteuerliche Tour um den Esstisch herum in Richtung Wohnzimmer, mit einem Abstecher auf die Terrasse - danach zurück in die Küche. Was für ein Abenteuer! Reisen in Corona-Zeiten mag räumlich stark heruntergeschrumpft sein, aber das heißt ja nicht, dass es langweilig sein muss. Die Hälfte der Deutschen haben den Sommerurlaub laut einer Umfrage von Infratest Dimap ganz gestrichen und wollen zu Hause bleiben, 31 Prozent geben an, innerhalb Deutschlands verreisen zu wollen.
Für diesen sehr großen Kundenkreis gibt es nun nicht nur diverse schnell erscheinende Reiseführer, sondern auch ein passendes Reisemagazin. Es heißt Zuhause unterwegs, nicht zu verwechseln mit Unterwegs zuhause, dem Reiseführer für Wohnmobiltouren in Europa. Auch nicht zu verwechseln mit dem Magazin Zuhause wohnen, in dem es um Menschen geht, die eben zu Hause wohnen (wo auch sonst?). Und ebenfalls nicht zu verwechseln mit dem Magazin Unterwegs..., einem Reisemagazin mit weltweitem Horizont aus Münster. "Unterwegs wohnen" existiert als Magazintitel dagegen erstaunlicherweise noch nicht. Eine Marktlücke?
Zuhause unterwegs erscheint bei der Funke-Mediengruppe unter der Dachmarke verschiedener Regionalzeitungen. "In diesem Jahr wird Urlaub häufig zu Hause und in der Region stattfinden", erklärt Sebastian Kadas, der bei Funke den heimeligen Titel "Chief Product Officer" trägt, "für diese Zu-Hause-Urlauber haben wir das Portfolio unserer regionalen Magazinreihe um einen inspirierenden Ideengeber erweitert." Was also soll der Deutsche bloß tun, wenn er keine Pauschalreise nach Mallorca gebucht hat? Das Magazin verspricht laut Cover "200 Geheimstipps", und das macht einen dann doch irgendwie neugierig.
Was sind "Stipps"? Und gibt es tatsächlich noch unbekannte, überraschende Urlaubsziele in Deutschland? Auf die naheliegende Idee, zuhause Urlaub zu machen, kommen sehr viele andere auch, da ist man grundsätzlich dankbar für Anregungen. Als Sehenswürdigkeit Nummer eins empfiehlt die Redaktion Schloss Neuschwanstein, wo sich laut Auskunft der Funke-Reiseexperten "zahlreiche Besucher, vor allem aus dem asiatischen Raum, tummeln". Auch ein toller Stipp: Das Brandenburger Tor, das "auch internationale Gäste in den Bann zieht". Oder der Marienplatz in München, inklusive Supergeheim-Stipp: Es gibt täglich ein Glockenspiel um 11 und um 12! Hier unser Superzusatzgeheimstipp, der nicht im Heft steht: Im Sommer bimmelt es auch um 17 Uhr.
Die erste Ausgabe von Zuhause unterwegs hat 148 Seiten und erscheint in einer Auflage von 80 000 Exemplaren. Trendthemen wie Pilgern, Waldbaden, Birdwatching und Camping werden mit regionalen Tipps gespickt. Es sind tatsächlich auch einige abseitige Reisetipps zu finden, etwa eine Wanderung von Biesenthal in die Probstheide, eine Fahrradtour durch das Havelland oder ein Kneipp-Spaziergang im Düppeler Forst. Wandern und Radfahren sind große Themen: Es gibt einen E-Bike-Test, Vorschläge für Radrouten durch das Ruhrgebiet und viele kleine Wanderreportagen.
Im Vergleich zu bekannten Hochglanz-Reisemagazinen auf dem Markt ist "Zuhause unterwegs" nicht nur billiger (4,90 Euro), es sieht auch so aus. Die Fotos kommen hauptsächlich von PR-Agenturen, Fotodiensten und den touristischen Destinationen selbst, und das merkt man dem Heft an. Auf Anhieb ist es schwer zu sagen, welche Seite von einer Tourismusagentur gestaltet wurde und welche von der Redaktion, die laut Impressum aus drei Personen besteht, inklusive Chefredakteurin.