Regisseurin Maria Schrader:Beste Spionin

Maria Schrader

Schrader im Jahr 2016.

(Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

Für die Miniserie "Unorthodox" bekommt Maria Schrader einen Emmy - als beste Regisseurin. Dabei ist sie bald wieder selbst vor der Kamera zu sehen.

Von Claudia Tieschky

Ende dieser Woche wird Maria Schrader wieder als skrupellose kommunistische Superspionin Lenora Rauch zu sehen sein, in der schön knalligen Amazon-Serie "Deutschland 89", für Schrader ist es die dritte Staffel in dieser Rolle. Wenn die Zuschauer aber Nachrichten geschaut haben, denken sie diesmal wahrscheinlich beim Anblick von Lenora: Hey, hat die nicht gerade den Emmy gewonnen? Ist die nicht eigentlich Regisseurin?

Ja, die als Schauspielerin bekannte Maria Schrader hat für ihre Regie bei der deutschen Netflix-Serie "Unorthodox" am Sonntag gerade den wichtigsten amerikanischen Fernsehpreis gewonnen, den Emmy. Am Morgen danach sagt sie nach sehr wenig Schlaf und immer noch hörbar überwältigt am Telefon: "Es ist eine riesige Ehre, ich begreife das als Preis, der nicht nur mir gebührt." Sie hat die virtuelle Zeremonie in einem Berliner Hotel mitverfolgt, amerikanische Journalisten fragten hinterher nach der tollen Holzvertäfelung im Hintergrund. Anna Winger war dabei, die Showrunnerin von "Unorthodox", und der engste Kreis der an der Produktion Beteiligten von Netflix und Real Film Berlin. Sie hatten auf der Dachterrasse zu Abend gegessen, und Schrader sagt, dass sie gar nicht nervös gewesen sei, weil sie sich eigentlich keine Chancen auf einen Preis ausgerechnet habe, bis der Moment kam, in dem sie plötzlich "so aufgeregt und so überrascht" war.

Nach dem autobiografischen Bestseller von Deborah Feldman erzählt "Unorthodox" die Geschichte der jungen Esty, gespielt von Shira Hass, die in der ultraorthodoxen Satmarer Gemeinschaft im New Yorker Viertel Williamsburg aufwächst und aus den Zwängen und ihrer unglücklichen Ehe ausgerechnet nach Berlin flieht. Die New York Times wurde aufmerksam, und schließlich war "Unorthodox" für acht Emmys nominiert, allein das eine Sensation für eine nichtamerikanische Produktion.

Maria Schrader konnte man über die Jahre bei einem eigensinnigen Werden zusehen, beim Entfalten eines Talents und wie sie dann konsequent ein weiteres entdeckt und entwickelt - so vertieft und autark, als gäbe es nichts anderes auf der Welt als die Kunst, als gebe es nichts anderes als allmähliches Wachsen und das Gehen neuer Wege.

Bekannt wurde Maria Schrader als Schauspielerin mit den wilden, mal kürzeren, mal längeren Locken beim Film und im Theater. Für ihre Felice in "Aimée und Jaguar" gab es 1999 einen Silbernen Bären. Ihre ersten Rollen spielte sie Ende der Achtziger in den gemeinsamen Filmen mit ihrem damaligen Freund Dani Levy, die WG-Beziehungskomödie "RobbyKallePaul" zum Beispiel, da schrieb sie bereits am Drehbuch mit. Independent war das damals, Low Budget, viel Berlin war drin, es kamen ja alle gerade da hin. Sie lernte dabei das meiste über Film, hat sie öfter gesagt, bei "Stille Nacht" schrieb sie auch wieder am Buch mit: Nie wieder im deutschen Film rieselte so großartig Schnee auf Plattenbau und Beziehungsdrama. Einer der letzten gemeinsamen Filme mit Levy, der Thriller "Meschugge", spielte - in einer ganz anderen Konstellation als "Unorthodox" - ebenfalls zwischen Berlin und dem jüdischen New York. 2007 verfilmte Schrader als erste eigene Regiearbeit den Roman "Liebesleben" der israelischen Autorin Zeruya Shalev.

Wer sie einmal reden gehört hat, behält unweigerlich im Gedächtnis, wie Maria Schrader, wenn sie über eine Sache nachdenkt, einen hohen, schwebenden Tonfall bekommt, als würde sie ihre Gedanken beim Singen verfertigen.

Schwebend sind auch der Tonfall und die Bilder in ihrer zweiten Regiearbeit "Vor der Morgenröte". Das war eine Annäherung an die letzten Lebensjahre des Schriftstellers Stefan Zweig im brasilianischen Exil, komplizierter Stoff, Szenen und Dialoge sind auf eine erstaunliche Art pur, was ablenken könnte, ist weggeschält. Es war alles andere als für die Masse gedacht und doch ein unerwarteter Erfolg beim Publikum.

"Unorthodox" ist nebenbei auch die Geschichte einer Freundschaft, Muster eines Netzwerks unter Filmfrauen. "Vor der Morgenröte" entstand zeitlich zwischen den Auftritten als Lenora Rauch in "Deutschland 83" und "Deutschland 86" - jener Spionage-Serie, die Anna Winger und ihr Mann Jörg Winger erfanden. Als Anna Winger dann "Unorthodox" produzieren wollte, engagierte sie für die Regie direkt ihre beste Spionin.

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Autorin Deborath Feldman

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Mit 17 wurde Deborah Feldman in einer jüdisch-orthodoxen Gemeinde zwangsverheiratet. Als ihr Sohn drei Jahre alt war, flüchtete sie mit ihm nach Berlin. Nun ist ihr Leben verfilmt worden. Eine Entstehungsgeschichte.

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