Süddeutsche Zeitung

Rechtsstreit: Spiegel versus Wichert:Gespräch mit Guttenberg

Vergleich vor Gericht: Der "Spiegel" hatte über ein Gespräch zwischen Guttenberg und seinem damaligen Staatssekretär geschrieben. Dieser hatte geklagt - und zum Teil Recht bekommen.

Peter Blechschmidt

Auch nach seinem Rücktritt wirkt Karl-Theodor zu Guttenbergs Agieren in der Kundus-Affäre noch nach. In einem Rechtsstreit mit dem Spiegel hat der vom ehemaligen Verteidigungsminister im Zusammenhang mit dem Bombardement in Nord-Afghanistan seinerzeit entlassene Staatssekretär Peter Wichert jetzt einen Teilerfolg erzielt. Im Vergleich vor dem Landgericht Köln hat sich der Spiegel verpflichtet, eine Passage aus einem Artikel vom 30. November 2009 nicht mehr zu wiederholen (AZ 9O396/10).

In dem Artikel hatte der Spiegel über ein Gespräch Guttenbergs mit Wichert und dem damaligen Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan am 25. November 2009 berichtet. An Nachmittag dieses Tages hatte Guttenberg seine zwei Spitzenberater zu sich zitiert - nachdem er erfahren hatte, dass die Bild-Zeitung am folgenden Tag eine völlig neue, viel dramatischere Beschreibung der Bombennacht von Kundus, als bis dahin bekannt, veröffentlichen werde.

Grundlage war der inzwischen zu einiger Berühmtheit gelangte "Feldjäger-Bericht", ein mehrseitiges Papier, in dem die deutsche Militärpolizei ("Feldjäger") ihre ersten Ermittlungen zu dem Bombardement zusammengefasst hatte. Von der Existenz dieses Berichts hatte Guttenberg nach eigener Aussage erst durch Bild erfahren.

Der Spiegel berichtete fünf Tage später, wie andere Medien auch, dass Guttenberg von Wichert und Schneiderhan habe wissen wollen, ob es neben dem Feldjäger-Papier "noch mehr interne Berichte" zu Kundus gebe. Beide, so der Spiegel, sagten: nein. Dann folgt die Passage, die Wichert bis heute für so ehrenrührig hält, dass er sie am Ende mit einer Klage gegen den Spiegel aus der Welt geschafft sehen will: "Guttenberg fragt Schneiderhan und Wichert noch einmal. Als beide wieder leugnen, entlässt er sie. So berichtet es sein Umfeld."

Schneiderhan und Wichert lasen aus dem Wort "leugnen" den Vorwurf der Lüge und der Illoyalität. Beide beschwerten sich in Briefen an Guttenberg. Beide versicherten (und bekräftigten dies vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags), dass sie dem Minister weitere Berichte genannt hätten, dass also die Darstellung im Spiegel falsch sei. In seiner Folgeberichterstattung hat das Magazin stets die unterschiedliche Darstellung des Gesprächs vom 25. November erwähnt. Einen von Wichert verlangten formellen Widerruf aber lehnte es ab. Deshalb zog Wichert vor Gericht.

Vor dem Kölner Landgericht versicherten die Vertreter des Spiegel nun, dass die von Wichert beanstandete Passage mit dem inkriminierten Wort "leugnen" nicht wiederholt werde, da "nach dem Ergebnis des Kundus-Untersuchungsausschusses auch für den Spiegel" feststehe, "dass auf entsprechendes Nachfragen die Existenz weiterer Berichte nicht geleugnet, sondern solche Berichte erwähnt wurden, Herr Dr. Wichert insofern mithin nicht gelogen hat." Spiegel-Chefredakteur Georg Mascolo sagte dazu auf Anfrage: "Wir haben dem Gericht erklärt, was die Redaktion des Spiegel ohnehin schon seit langem getan hat - das Wort leugnen nicht mehr zu verwenden."

Wichert sieht damit sein Klagebegehren erfüllt. Verwehrt bleibt es ihm, Guttenberg selbst als denjenigen zu enttarnen, den der Spiegel als "sein Umfeld" bezeichnet hat. Schon die SPD hatte das im Untersuchungsausschuss versucht - vergeblich.

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SZ vom 19.03.2011/berr
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