Die ARD hat nicht nur in Berlin beim RBB ein Imageproblem. In dieser Woche geht es plötzlich wieder um einen ganz anderen Skandal des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, und auf einmal gibt es zu diesem alten Fall sogar einen neuen Rücktritt.
Am Freitag war die Landesfunkhausdirektorin des Mitteldeutschen Rundfunks in Sachsen-Anhalt, Ines Hoge-Lorenz, von ihrem Amt zurückgetreten. Offenbar wollte sie damit etwaigen Vorwürfen wegen mangelnder Transparenz zuvorkommen: "Ich habe es vor meinem Amtsantritt als Landesfunkhausdirektorin Sachsen-Anhalt versäumt, klar darüber zu informieren, dass mein Ehemann vor über zehn Jahren in der Causa Foht eine Rolle gespielt hat", erklärte die 54-Jährige, die seit 1992 bereits für den MDR tätig ist. Ines Hoge-Lorenz war erst im vergangenen Jahr ins Amt gekommen.
Die "Causa Foht" und alles was damit zusammenhängt, dürfte jetzt tatsächlich wieder einige Aufmerksamkeit auf sich ziehen: An diesem Donnerstag wird am Landgericht Leipzig dem ehemaligen MDR-Unterhaltungschef Udo Foht der Prozess gemacht. Foht gilt als Entdecker von Florian Silbereisen, er machte Schlagergrößen wie Helene Fischer bekannt und sicherte mit seinen Volksmusik-Sendungen lange Jahre die Einschaltquoten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem früheren TV-Manager im Tatzeitraum ab Februar 2008 Betrug, Untreue, Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit vor. Foht, der sich damals nicht öffentlich zu den Vorwürfen geäußert hatte, wurde vom MDR vor die Tür gesetzt. Ein Arbeitsgerichtsprozess endete mit einem Vergleich.
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Der komplizierte Fall war im Jahr 2011 ans Licht gekommen - und hatte in der Folge jahrelang mehrere Staatsanwälte beschäftigt. 2018 hätte der Prozess gegen den ehemaligen TV-Manager dann eigentlich beginnen sollen. Wegen Krankheit aber war er abgesagt worden. Nun sorgt der Fall für neue Schlagzeilen - zu einem Zeitpunkt, wie er für die ARD kaum ungelegener kommen könnte.
Nach der Affäre um Vorwürfe der Vetternwirtschaft beim Rundfunk Berlin-Brandenburg ist der öffentlich-rechtliche Senderverbund insgesamt in seinem Image schwer angeschlagen. Der Verbund kämpft gegen den Eindruck, dass Intransparenz und mangelnde Kontrolle nicht allein den RBB betrifft, sondern das gesamte System.
Rundfunkrat will über NDR-Fall aus Kiel beraten
Der Norddeutsche Rundfunk (NDR) kommt gleichzeitig durch einen Streit um mögliche Parteilichkeit und Probleme am Standort Kiel unter Druck, den der Business Insider, der auch den RBB-Fall ins Rollen brachte, öffentlich machte. Offenbar hat sich der Redaktionsausschuss des NDR vor zwei Jahren länger mit einem internen Konflikt im Landesfunkhaus in Kiel befasst, den ein Mitarbeiter an das interne Gremium herangetragen hatte. Der redaktionelle Vorgesetzte und der Mitarbeiter hatten damals - so erklärt es der Redaktionsausschuss - über die Frage gestritten, ob ein Interview mit dem zurückgetretenen CDU-Minister Hans-Joachim Grote geführt werden sollte. Es ging intern offenbar um den Verdacht, dass hinter der Weigerung, Grote zu Wort kommen zu lassen, eine politische Motivation stehen könnte. Der Redaktionsausschuss verfasste 2021 einen Abschlussbericht, der dafür keinen Anhaltspunkt sieht, aber verlangte, solche Fälle intern gut aufzuklären.
Jetzt heißt es, in diesem Zusammenhang hätten sich acht Kolleginnen und Kollegen "aus eigenem Antrieb an den Redaktionsausschuss gewendet und vertraulich von großen Sorgen und Problemen im Landesfunkhaus Kiel berichtet", schreibt der Redaktionsausschuss in einer aktuellen Stellungnahme zu dem Fall. Das Gremium will nun zu einer "schnellen und vollständigen Klärung" beitragen. Der für Kiel zuständige Landesrundfunkrat Schleswig-Holstein will an diesem Montag zusammenkommen und den Fall beraten.
RBB sucht schnellstmöglich einen Interimsintendanten
Beim RBB, wo alles mit den Vorwürfen der Vetternwirtschaft gegen die frühere Intendantin Patricia Schlesinger anfing, hängt indes alles an einem künftigen Interims-Intendanten oder -Intendantin - er oder sie soll den strauchelnden Sender stabilisieren und deshalb baldmöglichst gewählt werden. Eigentlich steht die Möglichkeit zu einer solchen Wahl nicht im Rundfunkstaatsvertrag, der Rundfunkrat unter seinem Vorsitzenden Dieter Pienkny hatte sich vorigen Donnerstag jedoch nach Rücksprache mit der Rechtsaufsicht - die führt derzeit das Land Brandenburg - zu diesem ungewöhnlichen Schritt entschlossen. Nun geht es um mögliche Kandidaten. Wen auch immer eine eigens berufene Findungskommission jetzt vorschlägt - wichtig seien laut Pienkny Staatsferne und Integrität. Der oder diejenige soll den RBB für maximal ein Jahr führen - und aufklären, was geschehen ist.
Ein alter Skandal, eine selbstkritische Überprüfung auf mögliche Parteilichkeit und die händeringende Suche nach einem Retter - das ist die Woche, die der ARD bevorsteht.