Rätselhaftes Serien-Ende:Tony Sopranos Schicksal ist geklärt - oder doch nicht?

The Sopranos, James Gandolfini, Tony Soprano

Von 1999 bis 2007 ein Serien-Paar: Tony und Carmela Soprano (James Gandolfini und Edie Falco).

(Foto: OBS)

Auf diese Meldung hatten Fans lange gewartet: David Chase, Erfinder der legendären Fernsehserie "The Sopranos", soll in einem Interview verraten haben, ob Protagonist Tony Soprano am Ende gestorben ist. Doch der vermeintlichen Offenbarung folgt das Dementi.

Von Jürgen Schmieder, New York

Achtung, Spoiler: In diesem Text werden Details der Serien "The Sopranos", "Lost", "Cheers", "Mad Men", "M.A.S.H.", "The Fugitive" und "Newhart" thematisiert.

Und? Sind wir nun glücklich? Hat unsere Serienjunkie-Seele nun Frieden gefunden? Können wir nun endlich das Serienfinale von "Mad Men" gucken, ohne dauernd an Tony Soprano denken zu müssen?

Jeder Sopranos-Fan hat diesen Moment im Diner vor Augen, als der Protagonist der Serie "The Sopranos" mit seiner Familie Zwiebelringe isst und auf seine Tochter wartet, die draußen erfolglos einzuparken versucht. Ein mysteriöser Fremder hat gerade das Restaurant betreten und ist in der Toilette verschwunden.

Tony blickt nach oben, als seine Tochter das Restaurant betritt - dann wird der Bildschirm schwarz. 11,9 Millionen Amerikaner und noch viele Millionen mehr weltweit dachten sich in diesem Moment: Was zur Hölle?

Grandioses Finale

Das Finale dieser Serie gehört zu den beeindruckendsten in der Geschichte des Fernsehens - übertroffen höchstens durch das Schließen der Augen von Jack Shepherd in "Lost", dem in Steinen gelegten Goodbye in "M.A.S.H", der Rückkehr von Sam in die Bar in "Cheers". Vielleicht nicht ganz so dramatisch wie das Ende von "The Fugitive", aber beinahe so überraschend wie das Finale von "Newhart", in der sich herausstellt, dass Bob - aus der zuvor ausgestrahlten "Bob Newhart Show" - die komplette Handlung nur geträumt hat.

Sieben Jahre lang durften die Fans rätseln, sich streiten, die letzten Sekunden im Detail analysieren, die Vorgeschichte von Tony rekapitulieren - und am Ende stets die gleiche Frage stellen: Ist Tony Soprano tot?

Chase selbst äußerte sich bislang nicht zu dieser Frage, wie in der gesamten Serie spielte er auch danach noch mit den Gehirnen der Zuschauer und nervte sie mit seiner Was-interessiert-mich-das-Attitüde. Und nun, in einem Gespräch mit der Journalistin Martha Nochimson, soll er ganz trocken auf die Frage geantwortet haben, ob Tony Soprano tot sei: "Nein. Ist er nicht."*

Das Rätsel ist gelöst - oder doch nicht?

Freilich hat Chase das offene Ende nicht erfunden, er hat es jedoch für Fernsehserien neu definiert und damit all jene Serien-Genies inspiriert, die nun mit ihren eigenen Produktionen für das goldene Zeitalter des Fernsehens sorgen. Matthew Weiner, der Erfinder von "Mad Men", hat einst als Autor bei "The Sopranos" gearbeitet. In einem Interview mit dem Magazin Esquire sagte er kürzlich, dass er durchaus erwarten würde, dass auch über das für 2015 geplante Ende von "Mad Men" kontrovers diktiert werden wird.

Hat Chase den Fans seiner Serie nun einen Gefallen getan - oder hat er sie nur mehr verstört? Und mehr noch: Hat er überhaupt die Wahrheit gesagt? Es entspräche nämlich durchaus seinem Humorverständnis, wenn Chase beim nächsten Interview zur Serie einfach sagen würde: "Wisst Ihr was? Ja, Tony ist gestorben!"

Das wäre die Fortführung, die Überhöhung des gemeinen und genau deshalb genialen Scherzes, den er seit sieben Jahren mit den Zuschauern spielt.

Es wäre wunderbar.

*Update, 27.8. um 6 Uhr: David Chase hat inzwischen dementiert, sich so deutlich geäußert zu haben. Seine Aussage sei aus dem Zusammenhang gerissen worden, heißt es.

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