Radiofeature:Im Zweifel

Was passieren kann, wenn man eine Vergewaltigung anzeigt: Ein Radiofeature beleuchtet, was an der Aufklärung von Sexualstraftaten besonders schwierig ist. Und lässt eine Frau erzählen, die sich vom Staat alleingelassen fühlt.

Von Elisa Britzelmeier

Anzeigen oder nicht? Die Frage stellen sich viele, die Opfer einer Sexualstraftat wurden - und oft hören sie den Ratschlag, in jedem Fall zur Polizei zu gehen. Auch Sabine W. hätte anderen früher geraten, unbedingt anzuzeigen. Inzwischen ist sie sich da nicht mehr so sicher. Sabine W. wurde vergewaltigt, auf einer Feier im Freundeskreis, sie hat Anzeige erstattet - dann wurde das Verfahren eingestellt.

Im Radiofeature Dann zweifelt man an dem ganzen System aus der WDR-Reihe Lebenszeichen erzählt sie davon, offen, mit Stärke in der Stimme, auch mit Witz, wenn sie sagt, dass sie "fast schon lachen" müsse über die Einlassung des Beschuldigten. Der - ein Freund von Freunden - stellte die Vergewaltigung auf der Toilette als einvernehmlichen Sex dar. Der Autor Udo Feist legt den Schwerpunkt des Features aber weniger auf die einzelne Tat als auf die Folgen für Betroffene. Zu Wort kommen eine Polizistin, ein Opferschutzbeauftragter und eine Juristin. Sie fassen anschaulich zusammen, was die Aufklärung von Sexualstraftaten besonders schwierig macht. Und es klingt die Frage an, warum Frauen oft so behandelt werden, als sei ihnen nicht zu trauen. Sabine W.s Fall kommt nicht vor Gericht, weil die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung zu gering ist. Sie fühlt sich alleingelassen vom Staat. "Wenn es nicht mal zu einem Prozess kommt", heißt es an einer Stelle, "bleibt auch der bescheidenste Wunsch des Opfers auf der Strecke: dass sich der Täter wenigstens äußern muss." Am Ende muss jede Frau für sich entscheiden, ob sie einen juristischen Weg ohne Garantie auf Gerechtigkeit gehen will.

Sabine W.s Fall ist kein Einzelfall. Es ist nicht mal ein besonders außergewöhnlicher Fall. Genau daraus schöpft er seine Dringlichkeit.

Lebenszeichen. WDR 3, Sonntag, 8.30 Uhr und WDR 5, Sonntag, 13.30 Uhr.

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