Allen Menschen in diesem vielschichtigen, brachialen Roman von William Faulkner fehlt etwas entscheidendes: entweder eine Zukunft oder die Vergangenheit, entweder das eigene Selbst oder die Fähigkeit zum Mitgefühl. Manchmal auch mehreres auf einmal. Licht im August wirft insofern viele Schatten.
Der Regisseur Walter Adler, erfahren in der Umsetzung wuchtiger Stoffe, hat Licht im August für den SWR als Hörspiel inszeniert. Die vier jeweils knapp zwei Stunden langen Teile tauchen tief ein in die verstörende Welt, als die der Literatur-Nobelpreisträger Faulkner die amerikanischen Südstaaten durchweg darstellt. Dieser Roman erzählt von den 1930er-Jahren in Alabama und Tennessee, das zentrale Thema ist - neben der inneren Orientierungslosigkeit - der Rassenhass.
Die wichtigste Figur ist Joe Christmas, der nichts über seine Herkunft weiß und über den gemutmaßt wird, er habe - so drückt auch er selbst es aus - "Niggerblut" in den Adern. Ob das stimmt, lässt Faulkner offen. Christmas lebt diesen Mangel an Zugehörigkeit, der ihm von klein auf regelmäßig vor Augen geführt wird, selbstzerstörerisch aus: Unter Weißen gibt er den Schwarzen und umgekehrt. Er ist fähig zu lieben, kann aber auch töten, wenn er begehrt. Tom Schilling spielt diese zerrissene Figur mit der notwendigen Wandlungsfähigkeit, ohne ins Beliebige abzudriften.
Das ist die Herausforderung: Mittels Rückblenden und Vorgriffen, Perspektivwechseln und Bewusstseinsströmen mäandert Licht im August durch dieses Milieu, Lebenslinien gehen zwischenzeitlich verloren und tauchen in neuen Kontexten wieder auf. Eine ganze Reihe Nebenfiguren sind auch in dieser Radioversion stark ausgestaltet. Diese beabsichtigten Irritationen beizubehalten, ohne die Stringenz und Nachvollziehbarkeit der Erzählung letztlich zu gefährden, gelingt Walter Adler und seinem prominenten Ensemble - Ulrich Matthes spricht den Erzähler, Hans-Michael Rehberg und Angela Winkler spielen Christmas' Großeltern, Yohanna Schwertfeger den Gegenentwurf zu Christmas: die ledig schwangere Lena Grove, die an das Gute glaubt und danach sucht.
Grove ist bedauernswert - wie fast alle Figuren, auch jene, die Abscheu erwecken: Sie sind Opfer ihrer Zeit und können sich daraus kaum befreien.
Licht im August, SWR 2, 26. bis 29. Dezember, jeweils 20.03 Uhr.