Proben beim Eurovision Song Contest:Die Flocken müssen weg

Was wirklich fasziniert auf der Bühne des Eurovision Song Contests, das wird im Fernsehen nicht übertragen werden. Wilde Horden, die zwischen den Songs die wahre Show bieten, begleitet von einem Countdown in Grün.

Hans Hoff

Proben zum Eurovision Song Contest 2012

Loreen singt für Schweden: Bei dem Beitrag schneit es ein bisschen von der Bühne. Die Flocken müssen natürlich weg. Also wischt einer.

(Foto: dapd)

Wenn man in Baku in der Crystal Hall sitzt, sieht man bei den Proben viele Auftritte von fürchterlichen Künstlern, die fürchterliche Lieder singen. Was man dort aber auch sieht, ist das, was den Fernsehzuschauern vorenthalten bleibt, nämlich eine absolut verblüffende Bühnenverwandlung in allerkürzester Zeit. Eigentlich gebührt der wahre Siegertitel jenem Team, das stets dafür sorgt, dass der eine Künstler die Bühne Richtung Green Room verlässt, seine Ausrüstung auf anderem Weg verschwindet und gleichzeitig das Equipment des nächsten Acts seinen Platz findet, während aus dem Dunkel die neuen Sänger an ihre Plätze geführt werden.

Das ähnelt ein bisschen dem Geschehen auf einem Ameisenhaufen, der genau in dem Moment zum Leben erweckt wird, in dem ein Lied zu Ende geht und die Lichter gedimmt werden. Dann stürmt plötzlich eine wilde Horde die Bühne, manchmal bis zu 30 Menschen. Der eine trägt einen Hocker, drei andere schieben ein Klavier eine Rampe hoch, wieder andere postieren Mikroständer und kommen nicht jenen ins Gehege, die in derselben Zeit aufräumen. Zwischendrin wuselt dann noch ein Putzteam. Das ist nötig, weil es etwa beim schwedischen Beitrag ein bisschen von der Bühne schneit. Die Flocken müssen natürlich weg. Also wischt einer.

Damit die ganzen Helferlein auch wissen, wie viel Zeit ihnen bleibt, wird während des Umbaus ein Countdown auf den Bühnenboden projiziert. In grüner Farbe steht dann dort die verbleibende Zeit. Drei, zwei, eins, und auf einmal kann es wieder losgehen. Ich habe das in Düsseldorf gesehen und war verblüfft, aber ich habe ein bisschen das Gefühl, dass man in Baku diese Technik noch einmal verfeinert hat. Ich könnte dabei stundenlang zuschauen, und nicht nur einmal ist mir der Gedanke gekommen, ob es nicht möglicherweise besser wäre, diese atemberaubenden Umbausequenzen zu übertragen und die furchtbaren Lieder einfach wegzulassen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: