Höchstens gibt es da noch eine kleine Stichelei, die eher auf Kosmetisches denn auf Politisches zielt: Der ausladend bemähnte Griechen-Stürmer Giorgos Samaras "schmiert sich vor dem Spiel immer Schuh-Creme in die Haare", heißt es auf Bild.de.
Fiesitäten vor dem Viertelfinale?
Statt dem gegnerischen Team zu drohen, schüren die deutschen Medien den Respekt vor der anstehenden Partie. Auf Stern.de kommt Otto Rehhagel zu Wort, der den Griechen "ähnlich wie vor acht Jahren" eine große Spielleidenschaft bescheinigt und das deutsche Team auf eine schwere Aufgabe einstimmt.
Beherrschendes Thema ist ohnehin weniger der Viertelfinalgegner, als die "Politur", die die Uefa den Fernsehbildern aus Polen und der Ukraine verpasst. Seit Löws "launiger Schäkerei mit dem Balljungen" (Westdeutsche Allgemeine Zeitung) ist eine Diskussion um die Inszenierung der Fernsehaufnahmen entbrannt. "Live ist live und muss live bleiben", fasst WDR-Chefredakteur Jörg Schönenborn die herrschende Meinung in einem Interview zusammen.
Hetze gegen Griechenland? Fieses vor dem Viertelfinale? Fehlanzeige. Wer Kommentare hören will wie "Eigentlich müsste auf dem Trikot von Griechenland Deutschland als Sponsor stehen", muss sich schon in die sozialen Netzwerke begeben.
Die Zurückhaltung hat wohl mit dem politischen Gefüge zu tun. Welt-Redakteur Clemens Wergin wagt für die New York Times eine Interpretation. Zuerst erklärt er den Amerikanern, warum die Europäer alle vier Jahre Nationalflaggen schwenken und in patriotisches Gebrüll ausbrechen - dann kommt er zur Besonderheit des aktuellen Turniers: "Die traurige Tatsache ist, dass ein deutscher Sieg über das restliche Europa einen Gedanken bestärken würde, den viele Europäer bereits in sich tragen: Dass der Kontinent von einer neuen regionalen Supermacht beherrscht wird."
Aus diesem Blickwinkel betrachtet, verwundert es nicht weiter, dass nur wenige deutsche Medien auf provokante griechische Schlagzeilen einsteigen wie "Die 'Panzer' sollen in die Liste der griechischen Opfer aufgenommen werden. Wir haben es schon gegen Frankreich (2004), gegen Portugal (2004) und gegen Russland (2012) geschafft. Jetzt ist es Zeit, auch gegen Deutschland zu gewinnen" (Sportday). Es würde schlicht nicht zur Stimmung passen, würden deftige Parolen in Richtung Ägäis zurückschallen.
Am Ende muss man das alles vielleicht auch nicht zu ernst nehmen. Es geht hier um Fußball. Der Kleinere muss meistens lauter schreien, um gehört zu werden. Selbst wenn Mario Gomez einem Goliath-Speer gleich durch die griechische Mauer stoßen und zum Sieg treffen sollte, wird das die Schuldenkrise wohl kaum beeinflussen. Für Europapolitisches ist schließlich "die Merkel" zuständig - und die sitzt in Danzig nur auf der Tribüne.