Süddeutsche Zeitung

Presseschau zum Gipfel in Helsinki:"Trump zeigt der Welt, er ist Putins Lakai"

In amerikanischen Medien überwiegt Fassungslosigkeit über das Auftreten des US-Präsidenten in Helsinki, in Russland sieht man das Ende der Eiszeit gekommen. Die Presseschau.

Russland:

Iswestija: "Selbst die positiv gestimmten Beobachter werten den Gipfel als Erfolg, bloß weil er stattgefunden hat. Putin und Trump bestätigten ihre gegenseitige Sympathie zueinander. Doch warum verspüren wir dann nicht mehr als nur vorsichtigen Optimismus? Tatsache ist auch: Trump hat nur wenige Menschen um sich, die seine Ansichten teilen. Gleichzeitig hat er auch viele Feinde. Wenn er also wirklich mit seiner Annäherung an Russland erfolgreich sein will, braucht er neue Mitarbeiter. Die wird er aber sicher in den Reihen seiner Armee an Unterstützern finden."

Nesawissimaja Gaseta: "Die USA versuchen Russland auf ihre Seite zu ziehen - vor allem bei den internationalen Konfrontationen mit anderen Mächten wie Iran und China. Auch das lässt sich zwischen den Zeilen der Verhandlungen zwischen Trump und Putin in Helsinki lesen. Schon während der Begrüßung haben beide sofort alle wichtigen Punkte des historischen Gipfels abgeklopft. Alles kam wie erwartet. Doch gleichzeitig hat sich der Chef des Weißen Hauses das Thema China auf die Fahne geschrieben. Und nun kann man sich ausmalen, dass er sich wünscht, Putin in diesen Handelskrieg hineinzuziehen."

Oknews: "Die Chancen für eine Erwärmung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern mit der Ankunft von Donald Trump im Weißen Haus sind schnell geschmolzen. Der amerikanische Führer hob erneut die Hand und winkte Russland und seinem Präsidenten Wladimir Putin, um einen Schlag anzudeuten. Ob der auch wirklich ausgeführt wird, wird sich in naher Zukunft zeigen."

Rossijskaja Gaseta: "Es gab kein gemeinsames Abschlussdokument, aber in vielerlei Hinsicht waren Trump und Putin der gleichen Meinung. Das Wichtigste ist, dass die russisch-amerikanischen Beziehungen unter den Bedingungen der finnischen 30-Grad-Hitze deutlich wärmer geworden sind."

USA:

Fox News: "Auf ihrer gemeinsamen Pressekonferenz zeigte sich Präsident Putin berechnend und unter Kontrolle. Umgekehrt schien es Präsident Trump an Autorität zu fehlen, er lobte Putin, wenn er ihn hätte verurteilen müssen, und nutze die Gelegenheit nicht, Putin mit seinen ungeheuerlichen Aktionen des letzten Jahrzehnts zu konfrontieren - einschließlich der Einmischung bei den Wahlen 2016 und der illegalen Annexion der Krim im Jahr 2014."

New York Times: "Trump zeigt der Welt, er ist Putins Lakai. Egal wie niedrig Ihre Erwartungen für den Gipfel zwischen Donald Trump und Wladimir Putin am Montag waren, es war schwer, nicht durch die sklavische und krachende Leistung des amerikanischen Präsidenten entsetzt zu werden. Trumps Verhalten am Montag erinnerte an seinen Ausbruch im Trump Tower nach der gewalttätigen Versammlung der weißen Rassisten in Charlottesville, als er darauf bestand, dass unter den rassistischen Demonstranten 'sehr gute Leute' seien. Beide Male stimmte alles, was Trump sagte, mit den Dingen überein, die er vorher gesagt hatte. Der schockierende Teil war seine Offenheit. Dann, wie jetzt, hielt es einem, wenn es auch nur für einen kurzen Moment war, vor Augen, was für eine abstoßende Abscheulichkeit diese Präsidentschaft ist."

The Washington Post: "'Unsere Beziehung war noch nie so schlimm wie heute', sagte Präsident Trump in einer Pressekonferenz mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am Montag in Helsinki über das Verhältnis der USA zu Russland. (...) Erinnert sich Trump an die Berliner Mauer, gebaut in 1961, um ostdeutsche Bürger davon abzuhalten in den Westen rüberzukommen? (...) Warum, Präsident Trump, sind 38 000 US-Soldaten auf deutschem Boden stationiert? Um Attacken von Luxemburg, der Schweiz oder Malta abzuwehren? Es ist so geistlos, so einfältig, so gefährlich."

Axios: Präsident Trumps Pressekonferenz mit Wladimir Putin war eine Katastrophe. Und das war die Einschätzung vieler seiner GOP-Verbündeten. Trump hatte die Chance, sich gegen ausländische Einmischungen bei unseren Wahlen zu behaupten - und sich für seine Landsleute einzusetzen. Er ließ die Chance jedoch vorbeiziehen und stand bereit, als Putin sich rühmte, dass er Trump gegenüber Hillary Clinton bevorzugte."

Finnland:

Kauppalehti: "Trump 0 - Putin 1."

Hufvudstadsbladet: "Konkrekte Resultate glänzten durch Abwesenheit. Das Einzige worauf man sich einigte, war, einen Expertenrat zu gründen, bestehend aus Staatswissenschaftlern, Experten und Militärs, die überlegen sollen, wie die russisch-amerikanischen Beziehungen zu verbessern sind. Diese Art von Rat ist leicht zu gründen und bindet niemanden im juristischen Sinne - sieht aber gut aus auf einer symbolischen Ebene. Auf etwa gleiche Weise kann man das Treffen zwischen Putin und Trump zusammenfassen."

Großbritannien:

The Guardian: "Von Europa nach Asien zerstört Trump Allianzen mit Demokratien und schließt Freundschaften mit autoritären Führern. Er sendet Signale an unsere Verbündeten, dass sie Amerika nicht vertrauen können und dass wir unseren Widersachern nicht verbieten werden zu sagen, was sie wollen. Trump machte deutlich, was er denkt, als er die Europäische Union diese Woche 'Gegner' nannte und Putin einen 'guten Konkurrenten'. (...) Die Folgen dieses rutschigen Abhangs könnten eine sehr viel gewaltsamere, dunklere Welt sein."

Polen:

Gazeta Wyborcza: "Es tat weh, zuzusehen, wie der Präsident der USA sich immer mehr verstrickte, als er Journalisten vor den Augen der Weltöffentlichkeit versicherte, er habe auf ehrliche Weise die Wahlen vor zwei Jahren gewonnen. Der daneben stehende Putin beobachtete ruhig, wie sich sein Rivale öffentlich bloßstellte. Trump kennt sich mit der Geschichte nicht aus, wenn er wirklich meint, dass die 'Beziehungen zwischen den USA und Russland noch nie schlechter gewesen sind als jetzt'. Es war schlechter, mehrfach kam es um ein Haar zum Krieg."

Spanien:

El Mundo: "Europa blickt mit Sorge auf die Früchte des ersten Treffens von Donald Trump und Wladimir Putin. Der Griff, mit dem beide Führer den Kontinent festhalten, ist zunehmend besorgniserregend. (...) Von Russland war nie viel zu erwarten, zumindest nicht seit Putin an die Macht kam. Aber jetzt gilt das gleiche für die Vereinigten Staaten, die von einem Trump geführt werden, der einen Handelskrieg gegen die EU angezettelt hat und diese jedes Mal kritisiert, wenn er europäischen Boden betritt. Die Diplomatie verblasst vor der Realpolitik, die die beiden Führer praktizieren."

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