Süddeutsche Zeitung

Presseschau zum Anschlag in London:"Großbritannien ins Herz gestochen"

Die Anschläge von London schockieren. Die britischen Medien jedoch machen sich ergriffen, aber besonnen an die Ursachenforschung. Eine Presseschau.

Business as usual hatte die britische Premierministerin Theresa May am Abend noch gefordert. Das Leben in London solle weitergehen wie immer. Trotz des grausamen Anschlags im Zentrum der Stadt. Die britischen Qualitätsmedien haben sie gehört. Ergriffen, aber besonnen, kommentieren die großen Zeitungen des Landes die Ereignisse des Vortags.

"Das Ziel des Anschlags war kein Zufall", zitiert die britische Tageszeitung Guardian Premierministerin May. "Die Terroristen wollten das Herz unserer Hauptstadt treffen, wo sich alle Nationalitäten, Religionen und Kulturen treffen, um gemeinsam die Werte der Freiheit, der Demokratie und Meinungsfreiheit zu feiern."

Der Schock über die Ereignisse des vergangenen Nachmittags hält an, aber die britische Presse beschäftigt sich am Morgen nach dem Anschlag mit Ursachenforschung. So schreibt die Tageszeitung Times: "Das Bemerkenswerteste an diesem Angriff ist, wie leicht er erfolgen konnte - trotz aller Sicherheitsmaßnahmen, Befestigungsbauten und Checkpoints um das Parlament herum." Selbst die höchsten Sicherheitslevels seien nicht ausreichend, um einen solchen Angriff verhindern zu können.

Die Financial Times erkennt im Anschlag von London ein zunehmend vertrautes Muster: Der Einzeltäter, der mit einem Wagen in eine Menschenmenge fährt. Der Guardian zieht daraus einen Schluss über die Stärke des IS in Großbritannien. Der Fakt, dass Dschihadisten Fahrzeuge nutzen, um Gräueltaten zu begehen, zeige deren Unvermögen, ambitioniertere Kampfmittel einsetzen zu können. Die rohe Natur des Westminster-Angriffs lege deshalb nahe, dass das Netzwerk des IS in Großbritannien nur sehr begrenzten Einfluss habe.

Die in Großbritannien traditionell starke Boulevardpresse reagiert auf die Angriffe weniger gefasst. Der Daily Star sieht schon den Special Air Service (SAS), eine Spezialeinheit der britischen Armee, in höchster Alarmbereitschaft und schreibt: "Nach dem Blutbad ist das Kommando jederzeit bereit zum Angriff." Die Sun zeigt auf ihrem Titelblatt den Attentäter auf einer Krankentrage vor dem Parlament und titelt: "Der Irre, der Großbritannien ins Herz gestochen hat".

Auch im Ausland bestimmen die Anschläge von London die Titelseiten. Die französische Tageszeitung Le Figaro sieht den islamistischen Terror im Herzen Londons angekommen, während die spanische Zeitung El País an die besondere Rolle des Westminster Palace für die Geschichte der Demokratie erinnert: "Der Terrorismus zwingt das erste Parlament der Welt zu schließen".

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