Süddeutsche Zeitung

Presserat:Zugespitzt, aber zulässig

Als die "Bild" und auch die deutsche "Huffington Post" vor ein paar Wochen die Verfasser von flüchtlingsfeindlichen Facebook-Kommentaren öffentlich machten, gab es an diesem Vorgehen viel Kritik. Nun hat der Presserat über die Beschwerden entschieden.

Von David Denk

Über das journalistische Selbstverständnis der Bild-Zeitung lässt sich viel diskutieren. Mit Schlagzeilen wie " Bild stellt die Facebook-Hetzer an den Pranger!" liefert das Springer-Boulevardblatt zuverlässig immer wieder neuen Gesprächsstoff. Doch was man moralisch verachtenswert finden kann, muss nicht auch presseethisch beanstandenswert sein. Gemäß der im Pressekodex festgeschriebenen publizistischen Grundsätze des Deutschen Presserats jedenfalls ist der "Facebook-Pranger" zulässig, an den Bild die Verfasser von Hasskommentaren zu Flüchtlingen im Oktober in seiner Print- wie Onlineausgabe gestellt hatte.

Wie das Selbstkontrollorgan am Dienstagabend mitteilte, seien die Beschwerden gegen diese Berichterstattung "unter dem Aspekt der Ziffer 8 (Schutz der Persönlichkeit)" unbegründet. Dies gelte auch für die deutsche Huffington Post, die bereits im August ebenfalls eine Sammlung von fremdenfeindlichen Kommentaren samt Profilbildern und Namen der Urheber unter dem Titel "Hier sprechen die Hassfratzen" publiziert hatte. Insgesamt 38 Leser hatten sich über die Veröffentlichungen beschwert und Persönlichkeitsrechtsverletzungen und Diffamierungen kritisiert.

Es habe sich nicht um private, "sondern erkennbar um politische Äußerungen der User in öffentlich einsehbaren Foren" gehandelt, hält der Presserat dagegen. An diesen bestehe ein öffentliches Interesse, "das die Persönlichkeitsrechte überlagert", heißt es in der Begründung des zweiten Beschwerdeausschusses. Die Einordnung der Kommentatoren als "Hassfratzen" und das "Pranger"-Bild wertet er als eine "zugespitzte, scharfe Meinungsäußerung, die sich noch im Rahmen der presseethischen Grenzen bewegt".

Der Presserat sieht in diesem Fall nicht nur von einer Rüge ab, mit der die gravierendsten Verstöße gegen den Pressekodex - folgenlos - geahndet werden, sondern auch von den schwächeren Beanstandungen "Hinweis" sowie "Missbilligung".

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Quelle:
SZ vom 03.12.2015
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