Pressekodex:Es zählt der Einzelfall

Soll man bei Straftaten die Herkunft des Täters oder Tatverdächtigen nennen oder nicht? Der Presserat hat sich am Mittwoch in Berlin mit dieser Frage beschäftigt - und ist zu einem klaren Ergebnis gekommen.

Von Karoline Meta Beisel

Alles bleibt, wie es ist, aber alles soll einfacher werden. So lässt sich das Ergebnis der Debatte zusammenfassen, zu der sich der Deutsche Presserat am Mittwoch in Berlin getroffen hatte. Ein Kernbestandteil des Pressekodex stand auf dem Prüfstand, konkret Ziffer 12.1, die besagt, dass in Berichten über Straftaten die Nationalität oder Herkunft der Verdächtigen oder Täter nur erwähnt werden soll, "wenn für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein begründbarer Sachbezug besteht". Nach den Vorfällen der Silvesternacht von Köln war der Passus in die Kritik geraten: Er bevormunde den Leser und verhindere, dass offen über die Kriminalität von Zuwanderern berichtet würde. Manche Redaktionen würden aus Vorsicht lieber die Nationalität verschweigen, als eine Rüge des Rats zu riskieren, hieß es.

Das Selbstverwaltungsorgan der Presse, der Deutsche Presserat, sieht das anders: "Das Plenum hat sich zum Diskriminierungsverbot im Kodex bekannt", sagt die Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Journalistinnen und Journalisten Union Cornelia Haß, die dem Trägerverein des Deutschen Presserats vorsitzt. "Der Rat hat bekräftigt, dass die Richtlinie in der Praxis durchaus handhabbar ist", sagt Haß. Das hätten auch die geladenen Experten - Chefredakteure, Medienkritiker und Wissenschaftler - bestätigt. Ziffer 12.1 soll darum in ihrem Wortlaut unverändert bleiben und auch keine neuen Zusätze bekommen. "Indem wir an der jetzigen Formulierung festhalten, stärken wir die Autonomie der Redaktionen, in jedem Einzelfall so zu handeln, wie sie es für richtig halten", sagt Haß.

Auch der Presserat hat allerdings festgestellt, dass viele Redaktionen verunsichert sind, was das eigentlich sein soll, ein "begründbarer Sachbezug". Darum soll die Geschäftsstelle des Presserats Hilfestellungen für Redaktionen erarbeiten: "Das kann zum Beispiel eine schriftlicher Ratgeber sein oder auch ein Seminarangebot", sagt Haß. Darüber hinaus soll auch die bisherige Spruchpraxis des Rates in diesen Fällen transparenter gemacht werden. Eine Idee könnte sein, die bisher ergangenen Entscheidungen zu dem Thema auf der Homepage zu veröffentlichen. Womit genau den Redaktionen am besten geholfen werden kann, will der Presserat in den kommenden Wochen erfragen.

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