Süddeutsche Zeitung

Pressefreiheit:WDR-Reporterin droht wegen Terrorvorwurfs Prozess in der Türkei

  • Die in der Türkei festgenommene Journalistin Hatice Kamer ist wieder frei. Sie arbeitet unter anderem für die Sender WDR und BBC.
  • Kamer war am Samstag von der türkischen Polizei festgesetzt worden, als sie über ein Grubenunglück in der südosttürkischen Provinz Siirt berichten wollte.
  • Ihr droht nach eigenen Angaben nun ein Prozess wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung.

Der in der Türkei festgenommenen WDR-Reporterin Hatice Kamer droht ein Strafprozess. Man werfe ihr in einer Anklage vor, durch ihre Berichterstattung die Terrororganisation PKK unterstützt zu haben, berichtete Kamer nach ihrer Freilassung in einem Telefonat ihrem Arbeitgeber WDR. Kamer war am Samstag von der Polizei festgenommen worden und kam am Sonntag wieder frei.

Für den Vorwurf der Terrorhilfe gebe es keinerlei Belege, habe die 39-jährige Journalistin erklärt. Der Deutsche Journalistenverband (DJV) hatte die Festnahme der BBC- und WDR-Reporterin verurteilt. Kamer zähle zu den ganz wenigen Kollegen, "von denen wir noch unabhängige Nachrichten aus dem Land bekommen haben", erklärte der DJV-Vorsitzende Frank Überall.

Hatice Kamer war am Samstag festgenommen worden, als sie für die BBC über ein Grubenunglück in der südosttürkischen Provinz Siirt berichten wollte. Bei der Festnahme sei ihr vorgeworfen worden, auf militärischem Territorium Fotos gemacht zu haben. "Ich hoffe, dass es der Kollegin physisch wie psychisch den Umständen entsprechend gut geht", sagte Überall. "Nun hoffe ich aber auch, dass sie im WDR ihre Beiträge für 'Türkei unzensiert' wieder ungehindert liefern kann."

Kamer berichtet für den britischen Sender BBC, den Westdeutschen Rundfunk (WDR) und Voice of America. Der DJV hatte die Bundesregierung aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass Kamer umgehend freigelassen werde.

Die Türkei steht in der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen auf Platz 151 von 180. Seit einem gescheiterten Militärputsch im Juli gehen die Behörden besonders hart gegen angebliche Helfer des Staatsstreichs vor. Das trifft auch die Medien: In den vergangenen Monaten hat die Regierung bereits mehr als 150 Zeitungen, Radio- und Fernsehsender geschlossen und zahlreiche Journalisten festgenommen. Bislang prominentester Fall ist Murat Sabuncu, der Chefredakteur der Tageszeitung Cumhuriyet.

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