Pressefreiheit:Preis für Mohammed-Karikaturist

Der dänischen Zeichner Westergaard erhält in Potsdam einen Preis für sein Verdienst um die Pressefreiheit - im Beisein der Kanzlerin. Ein heikler Termin, denn er könnte Teile der muslimischen Welt in Aufruhr versetzen.

Der dänische Mohammed-Karikaturist Kurt Westergaard erhält am Mittwochabend den Medienpreis der Potsdamer Journalisten-Initiative M100. In Anwesenheit von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird er für sein Engagement für die Meinungsfreiheit geehrt. M100 ist eine Kooperation der Stadt Potsdam, einem örtlichen Verein der Auslandspresse und des Londoner Institute for Strategic Dialogue.

Alljährlich im September lädt der Zusammenschluss rund 100 Journalisten aus der ganzen Welt zum Sanssouci-Colloquium, um über aktuelle politische und gesellschaftliche Themen zu debattieren. In diesem Jahr konzentriert sich die Veranstaltung auf die Problematik der Pressefreiheit. Da scheint es konsequent, den Ehrenpreis an einen der umstrittensten Medienschaffenden Europas zu verleihen.

Merkel wird die Hauptrede zum Auftakt des Medienforums halten. Westergaard wird nach Angaben der Veranstalter trotz eines hohen Sicherheitsrisikos den undotierten Preis persönlich in Empfang nehmen. Der 75-Jährige steht wegen seiner umstrittenen Mohammed-Zeichnung, die den Propheten mit einer Bombe als Turban zeigt, unter Polizeischutz. Nach der Veröffentlichung seiner Karikatur im September 2005 in der dänischen Tageszeitung Jyllands-Posten war es in der islamischen Welt zu teils gewalttätigen Protesten gekommen. Auf den Dänen ist ein Kopfgeld ausgesetzt.

Eine Frage des Verständnisses

Anfang dieses Jahres entging er knapp einem Mordanschlag. Westergaard lässt sich davon nicht beirren: Im November sollen seine Memoiren erscheinen - mit der umstrittenen Mohammed-Zeichnung auf dem Buchdeckel. Nach Einschätzung des Berliner Islamwissenschaftlers Sebastian Elsässer ist vorab unkalkulierbar, wie die islamische Welt auf Merkels Auftritt bei der Ehrung von Westergaard reagieren könnte. "Es ist die Frage, wie das verstanden wird", sagte Elsässer im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa. "Es könnte bei Muslimen Unmut auslösen, wenn dieser Auftritt als öffentliche Unterstützung für islamfeindliche Äußerungen gewertet wird." Die entscheidende Frage sei, ob die arabische Presse die Preisverleihung verfolge, meinte der Wissenschaftler von der Freien Universität Berlin.

Der Medienpreis M100 wird jährlich an Personen vergeben, die aus Sicht des Colloquiums in Europa und der Welt "Fußspuren" hinterlassen haben. Die Laudatio für Westergaard wird der einstige DDR-Bürgerrechtler, langjährige Leiter der Stasi-Unterlagen-Behörde und Kandidat der diesjährigen Bundespräsidentenwahl, Joachim Gauck, halten. Zu den bisherigen Preisträgern gehören der frühere Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) und die kolumbianische Politikerin Íngrid Betancourt. Auch der irische Musiker, Aktivist und Philanthrop Bob Geldof erhielt die Auszeichnung.

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