Reporter ohne Grenzen:Bilanz der Pressefreiheit: 389 Medienschaffende im Gefängnis

Getötete Journalisten 2019

Die Journalistin und Aktivistin Arango bei einer symbolischen Aktion vor der mexikanischen Staatsanwaltschaft gegen die Ermordung des Journalisten Nevith Condes Jaramillo.

(Foto: dpa)
  • Fast die Hälfte der inhaftierten Journalisten und anderen Medienschaffenden sitzt in drei Ländern in Haft: China, Ägypten und Saudi-Arabien.
  • Seit Jahresbeginn wurden weltweit mindestens 49 Medienschaffende getötet, 57 wurden entführt.

Zum Jahresende 2019 sitzen weltweit 389 Journalistinnen, Journalisten und andere Medienschaffende in direktem Zusammenhang mit ihrer Arbeit im Gefängnis. Das sind zwölf Prozent mehr als vor einem Jahr, noch auffälliger ist jedoch, dass fast die Hälfte von ihnen auf nur drei Länder konzentriert ist: China, Ägypten und Saudi-Arabien. Seit Jahresbeginn wurden weltweit außerdem mindestens 49 Medienschaffende getötet. Das geht aus der Jahresbilanz der Pressefreiheit 2019 der Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen hervor.

Nur ein geringer Teil der Menschen starb dabei laut dem Bericht in Kriegsgebieten, die meisten verloren ihr Leben in Ländern, in denen, wenigstens formal, Frieden herrscht. In Kriegsgebieten ging die Zahl der Getöteten sogar deutlich zurück: In Syrien, Jemen und Afghanistan waren es in diesem Jahr insgesamt 17 und damit halb so viele wie im gleichen Vorjahreszeitraum. Die gefährlichsten Länder für Medienschaffende waren im abgelaufenen Jahr Syrien, Mexiko, Afghanistan, Pakistan und Somalia.

"Die hohen Zahlen inhaftierter Journalistinnen und Journalisten in China, Ägypten und Saudi-Arabien sind ein Beleg dafür, wie diese Regime die Schraube der Repression weiter angezogen haben", schreibt Michael Rediske, Vorstandssprecher von Reporter ohne Grenzen in einer Pressemitteilung. Mit Blick auf die Zahl getöteter Medienschaffender fügt er hinzu: "Selbst wenn 2019 deutlich weniger Medienschaffende in bewaffneten Konflikten getötet wurden als in früheren Jahren: Ein Land im Friedenszustand wie Mexiko ist für Journalistinnen und Journalisten ebenso gefährlich wie das Bürgerkriegsland Syrien."

In China erreichte die Zahl der inhaftierter Medienschaffender laut Reporter ohne Grenzen 2019 ungekannte Höhen: Mehr als 40 Prozent von ihnen seien Bürgerjournalistinnen und -journalisten, die trotz verschärfter Zensur sozialer Netzwerke versucht hätten, über das Internet unabhängige Informationen zu verbreiten. Die meisten der 2019 neu hinzugekommenen Fälle inhaftierter Medienschaffender in China seien Uigurinnen und Uiguren.

In Ägypten und Saudi-Arabien sitzt die Mehrzahl der Inhaftierten ohne Urteil oder Anklage im Gefängnis. Kommt es doch zum Prozess, würden die Journalistinnen und Blogger dort oft in grob unfairen Verfahren zu sehr langen Haftstrafen verurteilt. Selbst wer aus dem Gefängnis entlassen wurde, sei massiven Repressalien ausgesetzt, heißt es im Bericht.

Mindestens 57 Medienschaffende sind derzeit entführt

In Syrien ist die tatsächliche Zahl der inhaftierten Medienschaffenden wahrscheinlich weit höher als die 26 Fälle, über die Reporter ohne Grenzen gesicherte Informationen hat. In den Jahren des Bürgerkriegs habe das Regime von Präsident Baschar al-Assad Hunderte Journalistinnen und Journalisten, Bürgerjournalistinnen und Bürgerjournalisten verhaften lassen. Über das Schicksal dieser Menschen ist wenig bekannt. Die Jahresbilanz der Pressefreiheit berücksichtigt nur Fälle, in denen Reporter ohne Grenzen nach sorgfältiger Prüfung davon überzeugt ist, dass die Genannten in direktem Zusammenhang mit ihrer journalistischen Tätigkeit Opfer von Gewalt, Angriffen oder Unterdrückung geworden sind.

In der Türkei wurden im Laufe des Jahres Dutzende Journalistinnen und Journalisten freigelassen, weil sie ihre Haftstrafen abgesessen hatten oder von neuen Gerichtsentscheidungen zu ihren Fällen profitierten. Mehrere wurden jedoch nach kurzer Zeit erneut inhaftiert. Das Risiko einer strafrechtlichen Verfolgung ist laut Reporter ohne Grenzen für Medienschaffende in der Türkei insgesamt sogar gestiegen.

Weltweit waren laut Reporter ohne Grenzen zudem 57 Medienschaffende entführt: 30 in Syrien, 15 in Jemen, elf in Irak und einer im Osten der Ukraine. Von den meisten der in Syrien Entführten gab es im ganzen Jahr kein Lebenszeichen. Manche von ihnen sind seit bis zu sieben Jahren verschleppt.

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