Pressefreiheit:In Abwesenheit

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Der ägyptische Fotograf Shwakan erhält einen Journalistenpreis, aber er kann ihn nicht entgegennehmen: Er sitzt in Kairo in einem Hochsicherheitsgefängnis, weil er während des Putsches 2013 die Räumung eines Protestcamps dokumentierte.

Von Paul-Anton Krüger

Mahmud Abu Zeid hat einen Journalistenpreis gewonnen, aber er kann ihn nicht entgegennehmen. Das Committee to Protect Journalists mit Sitz in New York hat ihm einen seiner International Press Freedom Awards verliehen, mit denen "mutige Journalisten aus aller Welt" geehrt werden, die für die Pressefreiheit einstehen. Der ägyptische Fotograf, auch bekannt unter seinem Künstlernamen Shawkan, sitzt seit dem 14. August 2013 im Kairoer Hochsicherheitsgefängnis Tora in Untersuchungshaft, obwohl diese auch nach ägyptischem Recht auf zwei Jahre begrenzt ist. Während zwei ausländische Journalisten, die zusammen mit ihm festgenommen wurden, bereits nach kurzer Zeit wieder freikamen, wird Shawkan bis heute festgehalten.

Er hatte im Auftrag der Fotoagentur Demotix Bilder von einem der Protestcamps der islamistischen Muslimbruderschaft in Kairo gemacht, als diese sich mit wochenlangen Sit-ins gegen die Machtübernahme des Militärs und den Sturz von Präsident Mohammed Mursi wehrten. "Es war wie in einem Hollywood-Film, überall waren Kugeln, Tränengas, Feuer, Polizei, Soldaten und Panzer", schrieb Shawkan über den Tag seiner Verhaftung.

Es war der Tag, an dem die Sicherheitskräfte die Protestcamps mit brutaler Gewalt räumten. Nach offizieller Darstellung, weil aus den Zeltlagern heraus auf die Polizei geschossen worden war. Nach Ansicht von Human Rights Watch war die Räumung der Kreuzung vor der Rabaa-al-Adawiya-Moschee und des al-Nahda Platzes vor der Kairo-Universität "ein Akt der Gewalt, der auf den höchsten Regierungsebenen geplant wurde". Auf dem Rabaa-Platz hätten die Sicherheitskräfte "eine der brutalsten Massenhinrichtungen von Demonstranten in der jüngeren Weltgeschichte begangen", wie es Human Rights Watch formulierte. Nach Angaben der Organisation wurden mindestens 817 Menschen getötet.

Und Shawkan hatte all das mit seiner Kamera dokumentiert, als er festgenommen wurde. Die strafrechtlichen Vorwürfe gegen ihn, erstmals im März 2016 vor Gericht erhoben, lauten auf illegalen Waffenbesitz, versuchten Mord, Mord - und Zugehörigkeit zu einer verbotenen Vereinigung, das ist die amtliche Chiffre für die Muslimbrüder, die als Terrororganisation gelten. Sollte er in dem Massenverfahren mit mehr als 700 Angeklagten schuldig gesprochen werden, droht ihm ein Todesurteil.

Shawkan bestreitet alle Vorwürfe - er sagt, er habe nur seinen Job gemacht und gehöre keiner Organisation an. Augenzeugen, unter ihnen ausländische Journalisten, bestätigen das. Demotix hat bestätigt, dass er zum Zeitpunkt seiner Festnahme in ihrem Auftrag berichtet habe. Zahlreiche ausländische Medien, für die er arbeitete, setzen sich für ihn ein. Bislang ohne Erfolg, obwohl sich sein Gesundheitszustand wegen einer Hepatitis-Infektion und der üblen Bedingungen in der Haft verschlechtert. Die Journalisten-Organisation Reporter ohne Grenzen kritisiert, unter der Führung von Präsident Abdelfattah al-Sisi habe "die Kriminalisierung kritischer Journalisten in Ägypten ein bisher ungekanntes Ausmaß erreicht". An keinem anderen Fall wird das so deutlich, wie an dem des Preisträgers Shawkan.

© SZ vom 25.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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