Pressefreiheit:Ein Video mit Folgen

Pressefreiheit: Der palästinensische Präsident und Parteiführer der Fatah Mahmoud Abbas bei einer Rede im Mai in seinem Hauptsitz in Ramallah, Westjordanland. 2017 hat Abbas ein Cyber-Crime-Gesetz erlassen, das sich gegen palästinensische Medien richtet.

Der palästinensische Präsident und Parteiführer der Fatah Mahmoud Abbas bei einer Rede im Mai in seinem Hauptsitz in Ramallah, Westjordanland. 2017 hat Abbas ein Cyber-Crime-Gesetz erlassen, das sich gegen palästinensische Medien richtet.

(Foto: Alaa Badarneh/AFP)

Die palästinensische Fatah-Partei veröffentlicht ein Facebook-Video, in dem sie israelischen Journalisten Hetze vorwirft - zum ersten Mal in dieser Form. Die Journalisten sehen sich zu unrecht an den Pranger gestellt.

Von Alexandra Föderl-Schmid

Joni Ben Menachem ist ein Veteran der Nahost-Berichterstattung. Der Israeli hat 40 Jahre Berufserfahrung, früher arbeitete er als Chefredakteur des Radiosenders Kol. Nun wird er angegriffen - und gibt sich betont gelassen: "Wenn Präsident Abbas und Ministerpräsident Staje glauben, dass sie mich mit diesem Verhetzungsvideo von meiner Arbeit als Journalist und Analyst abhalten können, dann täuschen sie sich."

Ben Menachem taucht gemeinsam mit weiteren israelischen Journalisten in einem Video auf, das die Fatah-Partei auf ihre Facebook-Seite gestellt hat. Die Partei wird vom palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas geführt, ihr gehört auch Ministerpräsident Mohammed Staje an. Es ist davon auszugehen, dass das Video mit ihrer Kenntnis veröffentlicht wurde. Zum ersten Mal werden in dieser Form israelische Journalisten von der Fatah-Partei angegriffen.

Kritik am Präsidenten zu üben, wird für Journalisten immer gefährlicher

Wie in einem Steckbrief werden Porträtfotos der Journalisten gezeigt. Ihnen wird vorgeworfen, gegen die palästinensische Führung zu hetzen. Neben Ben Menachem richtet sich das Video auch gegen die zwei Journalisten Gal Berger und Ehud Jaari, die für die TV-Sender KAN und Channel 12 arbeiten. Sie alle seien "israelische Kriegsgeneräle, die sich als Medienvertreter maskieren". Und weiter: "Sie führen die Kampagne an!" Ben Menachem wird als "früherer Geheimdienstoffizier" beschrieben, "der später Journalist wurde". Berger wird als "Armeejournalist" bezeichnet, "der vermutlich im inneren Sicherheitsapparat" der israelischen Armee gearbeitet habe. Über Jaari wird behauptet, dass er "Regierungskreisen nahesteht und rechte Sichtweisen vertritt". Die Journalisten würden in einer "orchestrierten Kampagne" die "Einheit und Harmonie" der palästinensische Führung bei der Bekämpfung des Coronavirus falsch darstellen. Der Clip endet mit einer Botschaft an die Palästinenser: "Nehmt Euch vor Ihnen in acht!"

Die Journalisten sehen sich zu Unrecht an den Pranger gestellt. Ben Menachem erklärt, er habe tatsächlich mehrere Artikel auf der Website des "Jerusalem Center for Public Affairs" veröffentlicht, in denen er sich mit der Arbeit der Regierung während der Pandemie auseinandergesetzt habe. Kritisch, nicht verhetzend, betont er.

Kritik am Präsidenten zu üben, wird für Journalisten immer gefährlicher. Präsident Abbas hat 2017 ein Cyber-Crime-Gesetz erlassen, das sich gegen palästinensische Medien richtet. Behörden können Journalisten verfolgen, wenn sie die "innere Sicherheit gefährdet" sehen - ein dehnbarer Begriff. Journalisten berichten von Verhaftungen, für die keine Gründe genannt werden. Vergangenen Herbst waren 59 Online-Medien und Facebook-Seiten geschlossen worden, auf denen Kritik an Abbas publiziert worden ist. Mit der Veröffentlichung des Videos wird nach Ansicht von Ben Menachem die Absicht verfolgt, "Gewalt gegen uns zu provozieren und uns von kritischer Berichterstattung abzuhalten".

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