Pressefreiheit:"Absolut empörend"

Sechs Journalisten sind in Inguschetien überfallen worden. Der Vorfall nährt die Sorge, dass in Russland Medienvertreter aus dem Ausland vermehrt an ihrer Arbeit gehindert werden könnten.

Von Julian Hans

Ein brutaler Überfall auf eine Gruppe internationaler Journalisten nährt die Sorge, dass in Russland künftig auch Medienvertreter aus dem Ausland vermehrt mit Gewalt an ihrer Arbeit gehindert werden könnten. Am Mittwochabend stoppte eine Gruppe maskierter Männer in der Republik Inguschetien einen Bus, in dem sechs Reporter und zwei Menschenrechtsaktivisten unterwegs waren. Laut Aussagen der Opfer zerrten die etwa 15 Angreifer sie aus dem Fahrzeug, beschimpften sie als "Unterstützer von Terroristen", schlugen mit Knüppeln auf sie ein und steckten den Bus mitsamt Ausrüstung und Gepäck in Brand.

Vier Personen wurden mit schweren Prellungen und Schädel-Hirn-Traumata behandelt, darunter eine Mitarbeiterin eines schwedischen Radiosenders und ein Reporter des norwegischen Magazins Ny Tid. Sie waren auf einer Pressereise im Nordkaukasus unterwegs, die die Menschenrechtsorganisation "Komitee zur Verhinderung von Folter" organisiert hatte. Nachdem das Büro des Komitees in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny im vergangenen Jahr zweimal angegriffen wurde, hatten die Mitarbeiter ihren Stützpunkt in das benachbarte Inguschetien verlegt.

Seitdem reisen die Aktivisten mit mobilen Teams nach Tschetschenien. Die Bewohner suchen vor allem Hilfe nach willkürlichen Übergriffen und Verschleppungen durch Milizen des Republik-Chefs Ramsan Kadyrow. Die Juristen der Organisation bringen solche Fälle vor Gericht.

Nach dem Überfall wird wegen "Rowdytums" und vorsätzlicher Zerstörung fremden Eigentums ermittelt. Der Kreml-Sprecher Dmitrij Peskow nannte die Tat "absolut empörend". Die Behörden sollten alles tun, um die Schuldigen zu finden und "die Sicherheit der Menschenrechtler sowie der Medienvertreter zu gewährleisten". Der tschetschenische Menschenrechtsbeauftragte Nurdi Nuchaschiew erklärte dem Sender Doschd unterdessen, es sei gut möglich, dass die Opfer den Überfall selbst inszeniert hätten.

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